Schottland 2015

10.09.2015 - Riquewihr (F)

Am Montag ist unser fünfzehn Jähriger Hauskater "Sämi" verstorben. Vieles in unserem Haus erinnert an den gutmütigen Kater, welcher sein Leben lang nach Belieben rein- und raus konnte und so zu einem Sonnen-schein in unserem nun etwas leeren Häuschen wurde.
Die jetzige Reise wird unsere Gedanken etwas ablenken von diesem Verlust.
Wenigstens die Sonne strahlt vom wolkenlosen Him-mel, als wir an diesem Septembertag auf den Sitzen unseres Landis platznehmen.
Ich drehe den Zündschlüssel und aus unserem eben reparierten Auspuff dringt eine dieselige, dunkle Rauchwolke in die herbstlich gefärbte Umgebung.
Eine erste Etappe soll uns über Basel in das nahe Elsass führen, wo wir eine erste Übernachtung im schmucken Riquewihr eingeplant haben.
Ich gebe Gas und unser Land Rover rollt vom improvisierten Parkplatz hinaus auf die Quartierstrasse.
Ich schaue noch einmal in den Rückspiegel und sehe wie sich unser Haus im farblosen Meer der umgebenden Quartierhäuser auflöst.
Schon bald sind wir auf der Autobahn und nehmen die A1 in Richtung Basel/Zürich.
Kürzlich haben wir ein neues Objektiv für unsere Foto-kamera erstanden. Was uns noch fehlt, ist ein passendes Schutzglas zur vermeidung von kratzern auf dem Objektivglas. Also verlassen wir die Autobahn nach kurzer Zeit und parken bei einem grossen Elektronikhändler ein.
Eine Rolltreppe führt uns in das zweite Geschoss der tonnenschwer mit Elektronikartikel eingedeckten Ladenfläche. Aber ausgerechnet die Abteilung für Fotokameras und Zubehör befindet sich im Umbau. Das Personal wirkt gestresst und hat kein Interesse daran, in den übereinander gestapelten Kartonschachteln nach dem passenden Utensil zu suchen.
Mit leeren Händen verlassen wir das Geschäft und steigen in unseren Landi ein, um nun nonstop den ersten Wegpunkt unserer Reise zu erreichen.
So fahren wir recht flüssig über die Autobahn bis Basel, wo wir in einen Kilometerlangen Stau geraten. Im Schritttempo mühen wir uns nun während einer halben Stunde über das trostlose Asphaltband, begleitet von nicht minder trostloseren Fabriken und Grauwolken der Pharmaindustrie.
Über die Schwarzwaldbrücke überqueren wir den Rhein und biegen ab zur schweizerischen-französischen Grenze.
Das Elass wird von fast zwei Millionen Menschen bewohnt und erstreckt sich auf einer langgezogenen Fläche zwischen den Vogesen und dem Rhein. Die vielen kleinen Dörfchen mit auffälligen Riegelbauten sind Anziehungspunkt für viele Touristen. Die Elsässer Weinstrasse, eine hundertsiebzig Kilometer lange, ausge-schilderte Route, führt durch das traumhafte Wein-baugebiet des Elsass und trägt so zum nicht unwesen-tlichen Touristenboom der Region bei.
Wir bleiben aber auf der Autobahn um unser erstes Ziel möglichst frühzeitig zu erreichen.
Das elsässische vorzeige Städtchen Riquewihr, mit seinem mittelalterlichen Stadtbild, erreichen wir am frühen Abend. Unmittelbar vor dem Haupttor der mit Fachwerkhäusern und Restaurants zugepflasterten, elsässischen Sehenswürdigkeit, finden wir auf dem für Autos und Wohnmobile ausgelegten Parkplatz einen passenden Stellplatz für die erste Nacht. Kaum angehalten und ausgestiegen eröffnet ein wortgewandtes, schweizer Wohnmobilpärchen das verbale Feuer. „Ein wunderbarer Stellplatz den Ihr hier gefunden habt. In einem verträumten, elsässischen Dorf. Geniesst den Aufenthalt!“.
„Doch, das werden wir machen!“. „Bleibt ihr hier stehen oder fahrt Ihr noch heute wieder zurück?“. „Wir bleiben hier und setzen morgen unsere Reise fort.“ Die schlanke, langhaarige Wohnmobiltouristin mustert uns und fragt: „Wohin soll die Reise gehen?“. „Nach Schottland geht unsere Reise.“ „Na dann, viel Spass!“. Ja doch, das werden wir haben, denke ich mir.
Als wir die ansteigende Gasse des typisch elsässischen Dörfchens durchlaufen, wird es bereits dunkel. Gelbes Licht von laternenähnlichen Lampen erhellt die schmalen Seitengassen. Nur etwa eintausend Einwohner leben hier. Jährlich überschwemmen aber über eine Million Touristen das überschaubare Dorfbild. Um diese Jahres- und Uhrzeit hält sich dieser Ansturm in beschaulichen Grenzen. Wir entscheiden uns für ein gemütliches Restaurant an der Hauptgasse, der Rue du Général de Gaulle. Hier können wir noch unter freiem Himmel eine köstliche, elsässische Spezialität - den Flammenkuchen - geniessen.
Ab Abend treten wir wieder auf die nun fast menschenleere Hauptgasse und laufen nach oben, wo der auffällige Kirchturm Dolder das Ende der Hauptgasse markiert. Nun fühlen wir uns zurückversetzt in das sechzehnte Jahrhundert, aus welchem die Fachwerk-bauten beidseits der gepflasterten Hauptgasse stammen. Es fehlt nur noch das Handwerkliche treiben mit schmiedenden Handwerkern oder Ludwig der XIV, der mit seiner Gefolgschaft zu Pferd durch die Gasse reitet und den Bewohnern die letzten Taler abknöpft.
Stattdessen stehen wir nun vor abgedeckten Fassaden-teilen und einer langezogen, provisorischen Balustrade. Ein grosses Feuer hat zweitausendundvierzehn einige schützenswerte Häuser zerstört. Der wideraufbau wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Wir wenden und laufen hinunter zum Hotel de Ville, dem Gemeindehaus, welches den unteren Eingang zum mittelalterlichen Riquewihr markiert.
Zurück beim Landi erkenne ich im fahlen Licht der spärlichen Beleuchtung, dass mit Ausnahme eines Wohnmobils, sämtliche Fahrzeuge weggefahren sind.
Wir gehen früh schlafen, wollen wir doch morgen so weit wie möglich gegen Norden fahren.

11.09.2015 - Saint Amand les Eaux (F)

Unsere Fähre von Calais nach Dover haben wir für Samstagnachmittag reserviert.
Wir werden heute so nahe wie möglich an die Stadt heran fahren und uns dort einen Campingplatz für die Nacht suchen.
Früh am Morgen verlassen wir den Stellplatz. Die Morgensonne lässt ein goldenes Kleid über die prächtigen, mit Weintrauben bepflanzten Hügel der Umgebung fallen. Wir halten uns in Richtung Nancy und der Strassenbelag wechselt urplötzlich zu holprigem, römischem Pflasterstein, welcher sich als Verbindungs-strasse durch die hügelige Landschaft der Vogesen schlängelt.
Die französischen Nationalstrassen sind derart gut ausgebaut und verlaufen vielfach parallel zu Mautpflichten Autobahnen, dass wir vorerst ausschliesslich auf diesen nach Norden fahren. Unser Landi schaft sowieso nicht viel mehr als einhundert Kilometer die Stunde. Viel Zeit werden wir deshalb also nicht verlieren. Einzig die zahlreichen Kreisel wirken auf die Dauer ermüdend. Haben wir mal endlich auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigt kommt bereits ein Kreisel und zwingt zum Abbremsen. Danach wieder Gas geben, hochschalten, abbremsen, runterschalten, Kreisel und so weiter. Wir passieren Nancy und Metz und erreichen gegen Mittag bereits die Grenze zu Luxemburg und, wenig später, diejenige zu Belgien.
Die Fahrt über diese flache Autobahn ist ermüdend und eintönig. Einzig die Monströsen Windturbinen, beidseits der Autobahn, welche über riesige Propellerblätter Energie ins Stromnetz schaufeln, sorgen für etwas Abwechslung.
Im Belgischen Namur folgt ein Autobahnkreuz und wir wechseln auf die E42. Ab hier fahren wir ein langes, gebührenfreies Stück Autobahn in Richtung Belgisch-Französischer Grenze.
Nach über 500km Fahrt erreichen wir den "Parc Naturel Régional Scarpe Escaut", ein Schutzgebiet mit grossem Waldanteil. Hier halten wir Ausschau nach einem Campingplatz für die Nacht und werden auch schon nach kurzer Zeit fündig. Einen sehr schöner, ruhiger Campingplatz hat seine Tore für Besucher geöffnet.
Unser Stellplatz steht zwischen hoch in den Himmel ragenden Bäumen und ist mit einem praktischen Holztisch und einer Sitzbank ausgestattet.
Am Abend erkunden wir auf dem Camping Mont Des Bruyeres bei einem kleinen Spaziergang das Gelände. Eine Outdoor-Fitnessanlage weckt dabei unser Interesse. Wir testen die lustigen Geräte auf ihre Funktion und Tauglichkeit und lassen es dann, bevor wir an unserer eigenen Fitness zu zweifeln beginnen... Umgeben vom prächtigen Mischwald geniessen wir am späteren Abend unser Abendessen.

Samstag, 12.09.2015 - Swalecliffe/Whitstable (ENG)

Obwohl die Fähre nach Dover erst mitte Nachmittag von der Leine geht, rollen wir schon am frühen Morgen durch das offene Eingangstor der Campinganlage auf die Verbindungsstrasse zur Autobahn. Bis Calais, wo sich der Fährhafen befindet, bleiben noch etwa einhundert-fünfzig Kilometer zu fahren.
Gerüchten zu folge kann man, bei zu früher Ankunft, auch auf eine andere Fährverbindung umbuchen. Diese Flexibilität der Rederei P&O wollen wir doch gleich einmal testen.
Unsere Benzinreserven neigen sich dem Ende zu, so dass wir schon bald die nächste Autobahntankstelle ansteuern. Nach dem ich den Tankdeckel verschlossen und den Füllstutzen auf die dafür vorgesehene Be-festigung an der Säule angedockt habe, steige ich auf den Führersitz. Carole begibt sich unterdessen zur Kasse um die Rechnung zu begleichen.
Als ich in den Aussenspiegel schaue, sehe ich einen weissen Lieferwagen, der seitlich heranfährt. Das Fahrzeug fährt nach kurzem Stillstand wieder weiter und biegt scharf nach rechts ab. Ich versuche noch rasch den Rückwärtsgang einzulegen doch letztlich muss ich machtlos mit ansehen, wie sich die rechte Flanke des Lieferwagens der linken Ecke unseres Viehfängers nähert. Es folgt ein wuchtiger Aufprall. Doch der Fahrer des Lieferwagens hält nicht an, sondern würgt sich mit seinem Fahrzeug weiter nach vorne. Mit lautem, metallenem quietschen reisst unsere stabile Stossstange einen langen, klaffenden Riss in die Chassis-Verkleidung des Lieferwagens, der nach ein paar Metern endlich stillsteht.
Ich steige aus um den Schaden zu begutachten. Unsere Stossstange hat ausser ein paar Kratzer nichts abbekommen. Ganz anders der Lieferwagen. Der ist eitlich aufgeschlitzt. Der Fahrer steigt aus und entschuldigt sich für das Malheur. Er komme aus England und ist sich nicht gewohnt, auf der anderen Seite zu fahren. Zusätzlich fehle an seinem Lieferwagen der rechte Aussenspiegel. In der Tat, der Lieferwagen hat auf der einen Seite keinen Rückspiegel. So konnte der Faher das Unglück natürlich nicht kommen sehen. „Keine Umstände“, meine ich „Unserem Fahrzeug hat`s ja nichts gemacht.“
Carole kommt zurück, bestaunt die aufgerissene Flanke des Lieferwagens und mein schmunzelnd „Da kam`s wohl zu einem Kräftemessen“. Ja, so kann man das auch sehen.
Ich starte den Motor und reihe mich auf der viel befahrenen Autobahn zwischen die grossen Brummis ein.
Vor Calais sehen wir die unzähligen Flüchtlingszelte von afrikanischen Kriegsflüchtlingen, welche irgendwie nach England gelangen möchten. Das Gebiet wird von der Polizei bewacht und die Strasse bis hin zum Fährhafen ist mit Stacheldraht eingezäunt. Alles in allem ein Anblick, der einem nachdenklich zum Check-Inn des Fährhafens rollen lässt.
Am Fährhafen angelangt ist alles bestens ausgeschildert. Zoll- und Check-Inn gehen schnell und reibungslos und wir werden der Linie 109 zugewiesen, wo wir auf die Fähre warten können.
Die Fährschiffe von P&O bedienen die Strecke Calais-Dover seit 1987 – als die Fährgesellschaft die Route von der Rederei Townsend Thoresen übernahm, welche durch die Katastrophe mit der MS Harold of Free Enterprise in ein schiefes Licht geraten war.
Wie erhofft fahren wir nun eine Stunde früher als vorgesehen auf eine umgebuchte Fähre und parken im mächtigen Rumpf des Schiffes auf Deck 5.
Nach dem mühelosen einparken und Handbremse anziehen – wir wollen den Dominoeffekt aussen vor lassen – steigen wir die Treppen empor.
Auf dem offenen Deck angekommen, verfolgen wir das eindrückliche 180 Grad Wendemanöver des Fährschiffs und sehen schon in der Ferne das Englische Festland mit den typischen Kreidefelsen. Der kürzeste Abstand zwischen den beiden Küsten beträgt nur etwas mehr als dreissig Kilometer.
Verglichen mit der Fähre, welche wir für unsere 3-tägige Fährfahrt von Italien nach Marokko gebucht hatten, ist diese Fähre hier das reinste Schlaraffenland. Riesiger Douty-Free Shop, mehrere Restaurants und Spielcasinos, und, und, und... alles für eine Fahrt die nur etwas mehr als eine Stunde dauert. Und schon nach kurzer Zeit fährt das Schiff entlang der eindrücklichen Kreidefelsen vorbei am hoch oben thronenden Dover Castle.
Das um das Jahr 1200 erbaute Schloss stand schon immer an strategisch wichtiger Position. Wurden früher die Truppen vom französischen Prinzen, Ludwig dem VIII erfolgreich abgewehrt, so empfängt einem das Schloss heute mit seiner romantischen Fassade schon fast freundlich. Und wenn die Sonne scheint, so wie heute, erstrahlt es geradezu in seinem majestätischen Glanz.
Unsere Fähre macht noch einen grossen Bogen und hält dann direkt auf die Einfahrt zur Hafenanlage von Dover zu. Für uns ist es jetzt Zeit, das Deck zu verlassen und die Treppen nach unten, zu unserem Landi, hinabzu-steigen.
Auf einem kleinen Zettel, der am Armaturenbrett angebracht ist, haben wir uns die wichtigsten Umrech-nungszahlen notiert. Grösse, Gewicht, Geschwindig-keiten - so dass wir nicht von einer zu tiefen Unter-führung oder zu schwachen Brücke überrascht werden können.
"Drive left" heisst es, sobald wir den Rumpf der Fähre verlassen haben und durch das Hafengelände tuckern. Es folgen etliche Warntafeln die darauf hinweisen, ja nicht dem für uns gebräuchlichen Rechtsverkehr zu verfallen. Schon bald ist auch der erste Kreisel geschafft (links rum, links raus), das klappt ja alles recht gut.
Aus der Verbindungsstrasse wird rasche eine Autobahn und wir fahren zügig nordwärts.
Für die erste Nacht steuern wir einen Campingplatz in der Herne Bay an. Das Check-In auf dem Camping ist Englisch kompliziert, und unser Englisch noch sichtlich abgekühlt. "Sind Sie Miss oder Misses Wyss" – äh "weiss nicht...". Es folgt ein netter, englischer Lacher, die Papiere werden ausgefüllt und wir, samt Landi, werden auf eine grosse, englisch gepflegte Wiese gesetzt.
Die Sonne scheint bereits flach über die Nordsee, welche sich hinter dem naheliegenden Ufer ausbreitet.
Wir geniessen die Wärme, das Meer und machen einen kleinen Spaziergang ins nahegelegene Städtchen "Hampton". Über uns kreisen krächzende und johlende Möwen. Unsere langen Schatten zeigen geradewegs nach Hampton, wo das Pup einfallsreich einem "Hampton Inn" Hotel nachempfunden ist. Alle Häuschen sind sichtlich hinaus geputzt, die Vorgärten strahlen in laubfreiem grün. Wir geniessen ein Bier und eine Cola. In der Ferne erkennen wir das ehemalige Ende des Herne Bay Piers. Dieser hatte einst eine Länge von über 1`150 m. Stürme und Brände Ende der 1970er Jahre haben den Pier zerstört. Heute ist nur noch der Ausgangspunkt am Ufer und eben dieser „Landing Stage“, weit draussen im Meer, übrig geblieben. Der Sonnenuntergang verzaubert mit einem goldenen Tuch, welches über das silberne Meer gelegt wird. Einige Bewohner suchen im seichten Gewässer der Ebbe nach Muscheln.
In der Nacht laufen viele Leute mit leuchtenden Umhängen über die Strandpromenade. Ein uns nicht bekannter Brauch scheint hier belebt zu werden. Die fröhliche Stimmung überträgt sich auf uns. Bald aber wird es empfindlich kalt und wir verkriechen uns in der Kabine.

aum, aber uns wird unaufgefordert die Weinkarte gebracht, und so gönnen wir uns zu dem feinen Essen einen Tropfen Rotwein

13.09.2015 - York (ENG)

Für die morgendliche Dusche nehme ich den dafür vorgesehenen Schlüssel und laufe vorbei an einer in die Jahre gekommenen, aus Blech und Holz gezimmerten Spielhalle zu einer mit Mobilheimen überstellten Stellfläche. Auffällige „For Sale“ Schilder prangern auf den übergrossen Frontscheiben. Hier irgendwo müsste der Duschgebäude sein. Ich erkenne auf der anderen Strassenseite ein längliches, einer Armeebarrake nicht unähnliches Gebäude. Eine Frau im Morgenmantel führt davor gerade Ihren Hund Gassi. Dort, in diesem Gebäude, müssten die Duschen untergebracht sein. Also laufe ich über die Strasse vor eine, mit blechernen Lüftungsschlitzen versehenen, Haustüre. Ich führe den Schlüssel ein, öffne die Türe und trete in einen mit kalten, weissen Fliesen belegten Raum. Hier reiht sich in unendlicher Reihenfolge Türe an Türe. Mit einem Ruck öffne ich eine dieser in die Jahre gekommenen, durch Feuchtigkeit deformierten Türen und betrete eine dunkle, mit Duschvorhang, einem Tablar und einem Kleiderhacken versehene Duschgelegenheit. Das Neonlicht flackert und wirft sporadisch kalte Lichtblitze auf schmierige, weisse Kacheln. Obwohl die Duscharmatur nächstens von den Fliesen springt, bekomme ich mit etwas Geschick einen warmen Duschstrahl.
Der Weg zurück zu unserem Stellplatz zieht sich wieder in die Länge, so dass ich unterwegs zu frieren beginne. „War die Morgendusche angenehm?“ Fragt mich Carole. „Musst Du selber herausfinden!“ ist meine mürrische Antwort.
Die Autobahn und Schnellstrasse "The North" bringt uns nun selbstredend in den Norden von England. Schon bald erreichen wir London, wo die Strasse mitten durch die Stadt führt. Einige Meilen vor der Grossstadt sagt uns eine grosse Beschilderung, dass die Zone in und um London nur mit einer grünen Umweltplakette befahren werden darf. Diese Plakette haben wir nicht und das umfahren der Stadt würde wohl Stunden in Anspruch nehmen. Also riskieren wir`s. Der Tunnel unter der Themse durch ist zweispurig, wobei nur die linke Fahrbahn für Fahrzeuge über 2.80m geeignet ist. Gelbe Markierungslatten, welche an schweren Ketten hängen, zwingen mich bereits vor dem Tunnel, auf die korrekte Fahrseite einzuschwenken. Eine Rampe führt nun abwärts in die Tunnelröhre welche im inneren der Duschengruft von heute Morgen gleicht. In der ungemütlichen Röhre schwenkt mein Blick nach oben. Gefährlich von der Decke hängende Metallrohre trennen linke und rechte Fahrspur. Ein Spurwechsel würde uns mit einem lauten Knall die Kabine von der Ladefläche reissen.
Danach geht alles problemlos und Flott weiter. Wir lassen London hinter uns und mit London auch die grüne Zone für das umweltbewusste Fahren. Die Strassen werden von einigen der 12`000 Londoner Überwachungskameras gefilmt. Mit etwas Pech, werden wir bei unserer Rückkehr eine Ordnungsbusse im Briefkasten vorfinden. Obwohl heute Sonntag ist drän-gen sich auf "The North" Lastwagen und Personen-wagen. Die Autobahn Einfahrten sind in England jeweils extrem kurz, was immer wieder zu gefährlichen Abbrems- und Vollgasmanövern der einbiegenden und einlassenden Fahrzeuge führt. Kurz nach Cambridge geht dann nichts mehr und wir stehen für längere Zeit im Verkehrsstau. Das Ganze ist ermüdend. „Wollen wir in York einen Camping suchen?“ sagt Carole zu mir. „Doch, das machen wir!“.
Die historische Stadt York steht auf einer flachen, fruchtbaren Talsohle. Die sumpfige Umgebung, welche durch die Flüsse Foss und Ouse genährt wird, ist stark Hochwasser gefährdet.
Der Namensbezug zum amerikanischen New York kommt nicht von ungefähr wurde doch die Stadt sowie der Staat New York nach dem englischen York benannt.
Beim Sherwood Forest verlassen wir die Autobahn und halten Ausschau nach Robin Hood. Vielleicht knöpft dieser den heutigen Autofahrern eine Maut ab. Doch Robin Hood hat sich in den Waldverkrochen. Ihm würden in der Neuzeit die Autos auf der Schnellstrasse nur so um die Ohren sausen. Nach gut 500km Fahrt gelangen wir zum „Clumber Park“, einem Camping für Mitglieder des hiesigen Camping Clubs. Trotzdem sind wir herzlich willkommen und kommen sogar in den Genuss des Mitgliederrabattes.
Das Gelände ist dermassen herausgeputzt, dass die rasant wachsenden Grashalme den Gärtner auch am Wochenende vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Am Schluss muss wohl noch die Dompteuse zum Zug kommen, anders kann ich mir die Zentimeter genaue Rasentrennung entlang der Fusswege nicht erklären. Wir unterlassen es, Stuhl und Tisch in diesen pickefeinen Rasen zu stellen und nutzen stattdessen das extra dafür vorgesehene Kiesbett.
Die gut besetzte Anlage ist ein grüner Augenschmaus, mit zahlreichen Bäumen und grosszügigen Stellplätzen.
Ich bin gerade am Auffüllen des Wassertanks, als sich Tom und Anke zu uns gesellen und sich kurz vorstellen. „Na, das erste Mal in England?“. „Ja, tatsächlich!“ Die beiden sind hingegen schon gut zwanzig Mal nach Schottland gereist, wie sie uns glaubhaft versichern. „Wir können nicht verstehen, dass es Reisende gibt, die Schottland auf einer einzigen, gestressten Reise vollumfänglich umrunden“. Meint Tom. Nun ja, da kennen Sie unsere Pläne nicht. Carole und ich, wir verschweigen unsere Absichten und ergeben uns der Informationsflut, welche jetzt auf uns einprasselt.
Mit der Begründung, dass wir etwas müde sind, unser Fahrzeug noch für die Nacht klar machen müssen und es jetzt doch schon dunkel wird, verabschieden wir uns von den beiden.
Etwas später sitzen wir gerade beim genussvoll zubereiteten Nachtessen, als es an der Türe klopft. Ich öffne die Türe und Blicke in das grell leuchtende Licht zweier Stirnlampen…
„Wir haben hier noch einen lustigen Reiseführer über Schottland für Euch, lest ihn“. „Hallo Tom, hallo Anke. Wir sind gerade beim Abendessen, aber wenn Ihr Euch zu uns gesellen wollt, kommt nur rein“. „Nein, macht Euch keine Umstände!“ Ich nehme den gut 200 Seitigen Wälzer entgegen und blättere darin. Der Reiseführer ist aus dem Jahre 1988. Viele Eselsohren und Notizen bestätigen den Regen Gebrauch des Buches. „Bringt uns das Buch doch nachher wieder zurück“. „Ja, machen wir!“. Mitten im Essen, plaudernd und Buch empfangend vergesse ich danach zu fragen, wo Tom und Anke ihren Stellplatz haben.
Nachdem wir gespeist und den Abwasch erledigt haben, setzen wir uns vor das Buch. Ich schaue auf die Uhr, es ist bereits 21.00 Uhr. „Das Buch müssen wir ja wohl heute noch zurückbringen“ sage ich zu Carole „wir wollen ja morgen früh weiter“. „Das bringt jetzt nichts, noch lange im Buch zu lesen. Und neue Tip`s werden wir dem Antiquariat wohl auch nicht abgewinnen können“ mein Carole mit einem Lächeln. „Also machen wir uns auf die Suche nach dem Wohnmobil der beiden, um das gut gemeinte Utensil wider abzugeben.
Kurze Zeit später laufen wir über das Gelände. Ein paar wenige Laternen und das fahle Licht der Wohnmobile nutzen wir bei der Suche nach einem Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen. Wir finden eines und schauen durch die Frontscheibe. „Nein, dass da sind sie nicht!“ Also geht das Spiel in die zweite Runde. Endlich, nach etwa 20 minütiger Suche finden wir ein zweites Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen. Wir klopfen an der Türe. „Hier, das Buch! Tut uns leid, aber das hat jetzt keinen grossen Sinn gemacht. Wir gehen morgen früh weiter und sind etwas müde!“ „Kein Problem“ sagt Tom, welcher mit ausgestreckten Beinen auf einer Couch liegt. Für uns schon, denke ich mir. Diese Aufgabe hätten wir zu später Stunde nicht noch aufgebrummt gebraucht. Was soll`s, wir verabschieden uns, gehen zurück zu unserem Landi und hauen uns in die Koje.

 

14.09.2015 - Edinburgh (SCO)

Die zweihundert Meilen nach Edinburgh wollen wir heute an einem Stück zurücklegen. Der Platzwart ist bereits wieder am Gräser strecken, als wir am frühen Morgen über die Privatstrasse des Campingplatzes fahren.
Bevor es auf "The North" weiter geht, tanken wir unseren Landi und füllen unsere Vorräte beim riesigen Einkaufszentrum der Supermarktkette ASDA, welches sieben Tage 24h offen hat. Die Gebrüder Fred und Peter Asquith, beides Fleischer aus Knottingley, eröffneten 1963 in einem ehemaligen Kino den ersten ASDA Supermarkt. Heute hat die Supermarktkette den zweit-grössten Marktanteil am britischen Markt und gehört zum amerikanischen Walmart-Konzern.
Nach unserem Einkauf verlassen wir die grosse Parkfläche und biegen auf die „The North“ ein. Die Autobahn soll uns bei trübem, englischem Wetter auf dem schnellsten Weg über Newcastle nach Edinburgh bringen.
Der Verkehr ist nun nicht mehr so dicht und schon bald erreichen wir Newcastle. Die einstige Industriestadt im Nord-Osten Englands ist gerade im Wandel. Der Einbruch in der Maschinenindustrie hat viele Fabrik-anlagen leer gefegt. Die leeren Blocksteingebäude eigen sich gut für Museen und Theater.
Die Autobahn führt uns zwei- bis vierspurig um die Grossstadtstadt herum, deren Blockbauten und Hafen-anlagen wir in der Ferne erkennen können.
Nach Newcastle wird die „The North“ zur Schnellstrasse. Augenblicklich verändert sich das Landschaftsbild. Farbige Moore, grosse Wiesen mit unzähligen Schafsherden und Hügellandschaft prägen nun die Umgebung.
Die Einfahrt in die Ortschaft Wooler wird vom auffälligen Tankerville Arms Hotel markiert. Seit 1700 prangt der auffällige Schriftzug an der Ecke des Gebäudes. Nach der Ortschaft wird die Strasse schmal und kurvenreich. Bäume und Büsche ragen teilweise in die Strasse hinein. Und würde nicht eine kleine Tafel darauf hinweisen, wir hätten die Grenze von England zu Schottland wohl glatt übersehen. Kurz vor Coldstream, der südlichsten, schottischen Stadt auf unserer Reise führt die schmucklose Coldstream Bridge über den Fluss Tweed. „SCOTLAND welcomes you“ steht auf einer braunen Tafel. Freudig halten wir fest, dass wir nach 1`700 km schottisches Territorium erreich haben.
Kurze Zeit später erkenne ich durch die nasse Seitenverglasung das Marjoribanks Monument. Der 1833 verstorbene Politiker steht in Stein gemeisselt hoch oben auf einer ausgestreckten Säule.
Eine halbe Stunde später, nach unendlich bewirtschafteten Agrarflächen und nur wenigen, kurzen Ortsdurchfahrten sehen wir die ersten Gebäude von Edinburgh. Der „The City of Edinburgh Bypass“, die schon fast ärztliche Bezeichnung für die Umfahrungsstrasse von Edinburgh, führt uns zum Mortonhall Caravan & Camping Park, der in einer prächtigen Grünanlage in der nördlichen Agglomeration der schottischen Hauptstadt angesiedelt wurde.
Nachdem wir unseren Landi auf dem abfallenden Gelände mit Keilen ins Niveau gebracht haben, statten wir der „The Stabe Bar & Restaurant“ welche zum Campingplatz gehört und die Gäste in einem schönen, typisch schottischen Steinhaus begrüsst, einen Besuch ab. Nach einem schottischen Bier sind wir reif für die Koje. Morgen wollen wir uns die Stadt ansehen.

 

 

15.09.2015 - Edinburgh (SCO)

Was für ein herrlicher Tag um die Schottische Haupt-stadt zu besuchen. Bei strahlend blauem Himmel fährt uns der doppelstöckige Bus in die Metropole hinein. Wir sitzen oben ganz vorne, und können so mit bester Sicht in die Stadt eintauchen.
Grob skizziert besteht Edinburgh aus zwei Teilen die beide für den Besucher interessant sind. Zum einen die Altstadt mit vielen sehenswerten Gebäuden und zum andern die Neustadt, mit grossen Parkanlagen und auch weniger schönen Wohngebäuden. Über allem Thront gut sichtbar das Wahrzeichen der Stadt – „Edinburgh Castle“.
Der Bus fährt uns zum Princes Street Gardens – Einer weitläufigen, öffentlichen Grünanlage im Herzen der Stadt. Wir steigen aus und schauen hinauf zum Schloss, welches anmutig auf einer felsigen Erhöhung steht. Eine Treppe führt hinunter zum Park und zu gut ausgebauten Fusswegen, welche zum flanieren einladen. Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir den Ross Fountain, einen auffälligen, 1872 erstellten Brunnen mit vielen Figuren und Unmengen Details. Das helle Morgenlicht lässt das Meisterwerk in jungfräulichem Glanz erscheinen.
Gemütlich spazieren wir weiter ohne dabei das Schloss aus den Augen zu verlieren, welches aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder neue Facetten seines äusseren Preis gibt. Irgendwo müsste uns nun ein Weg hinauf zum königlichen Empfang führen. Über eine schäbige Brücke passieren wir ein paar Eisenbahn-schienen und spazieren entlang untypisch verwilderten Rasenflächen empor zur Schlossanlage.
Vor kurzem hat hier das Tattoo-Musikfestival stattgefunden, ein militärisches Musikspektakel welchem jährlich 200`000 Besucher beiwohnen. Die riesige Bühne wird in diesem Moment abgebaut und versperrt uns die Hindernisfreie Sicht auf das mittelalterliche Gebäude. Eine massige Menschenmenge drängt sich zum Eingang der Schlossanlage und mündet in einer stehenden Warteschlane vor einem Kassenhäuschen. Der hohe Eintrittspreis schreckt uns dann endgültig vom Besuche des Wahrzeichens ab. Stattdessen gehen wir ein wenig um das Gebäude herum und bestaunen die Fassade mit den vielen auffälligen Details und Ritter-Schnickschnack.
Fast so interessant wie das Schloss ist die Entstehung der etwa 80m hohen Erhebung, auf welchem das Schloss steht. Es ist der Basaltkegel eines vor 340 Millionen Jahren aktiven Vulkanes. Nun ja, vermutlich steht auch unser Häuschen in der Heimat auf über 300 Millionen Jahre altem Gestein und Erdreich. Aber dass hier ist halt eines der weltweit berühmtesten Gebäude, und da muss wohl auch das erwähnt sein. Dagegen sind die tausend Jahre, welches das Schloss auf dem Buckel hat, schon fast ein Pappenstiel.
Wir laufen hinunter zum Grassmarket, dem ehemaligen Marktplatz in der Altstadt. Früher wurde hier rege Vieh- und Pferdehandel betrieben. In der Neuzeit sind schicke Pups in die alten Gebäude eingezogen und geben dem ganzen ein Hippes Flair. Bei Sonnenschein geniessen wir in einem Strassencafé ein Getränk und schauen dem Treiben auf dem Platz und den Gehwegen zu. Ein Filmteam ist vorgefahren und dreht eine kurze Szene.
Wir schlendern wir die Royal Mile hinunter, die viel-leicht Berühmteste Strasse der Stadt, wo edle Geschäfte um Kundschaft ringen. Zahlreiche kleinere Läden verkaufen Kilts, Halstücher und schottischen Whisky. Das „Camera Obscura World of Illusions“ hat gebogene Spiegel vor dem Gebäude platziert. Wir bleiben stehen und bestaunen unsere deformierten Körper.
Auch die britische Armee ist hier. Sie hat ein mobiles Rekrutierungsbüro aufgestellt. Strammstehende Soldaten versprühen sinnfreies, militärisches Flair.
Von weitem sichtbar ist die erstaunliche St. Giles Kathedrale, eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir passieren die Kathedrale und erreichen kurze Zeit später die Canongate Kirk, mit kleinen Parkanlagen und uralten Grabsteinen. Am Ende der Strasse steht das moderne, schottische Parlament. Das Gebäude hat Ecken, Rundungen und Kanten. Mit seinem modernen Baustil hebt es sich genüsslich von den Gebäuden der Altstadt ab. Plätschernde Brunnen und künstliche Teiche vollen die Umgebung des Gebäudes. Gegenüber des Parlaments steht der „Palace of Holyroodhouse“, die offizielle Ferienresidenz der Queen. In dem daneben stehenden Souvenirgeschäft kann man allerlei Kitsch und Gerümpel erstehen. Neben dem Prunkgebäude erstreckt sich der weitläufige Holyrood Park mit dem Arthur`s Seat. Die für schottische Verhältnise schon fast erstaunliche Erhebung schreit förmlich danach, bezwungen zu werden. Also laufe ich los und gehe soweit den Hügel hinauf, bis sich mir eine ungehinderte Sicht auf die Altstadt von Edinburgh ergibt. Derweilen erholt sich Carole bei einem der kühlenden Wasserspiele am Parlament.
Wieder zurück essen wir draussen, in der Royal Mile, eine Kleinigkeit. Dabei unterhalten wir uns mit einem netten deutschen Ehepaar welches eine Busreise durch Irland und Schottland macht.
An einem kühlen Apriltag des Jahres 1953 stand die die damals 28-jährige Königin Elisabeth II vor der eben fertiggestellten, Königlichen Motoryacht, der Britannia. Die Königin holte leicht aus und liess eine an einer Leine befestige Champagnerflasche gegen den Rumpf des Schiffes prallen.
Das Schiff fuhr von da an die Königin und viele andere Würdenträger zu fast 700 Auslandsbesuchen. Über 40 Jahre später wurde die Britannia ausser Dienst gestellt. Heute ist die Yacht als Museumsschiff im Hafen von Edinburgh zu besichtigen.
Ein Bus bringt uns zur Hafenanlage. Hier steht die Britannia, angedockt an ein riesiges Vergnügungs- und Einkaufszentrum.
Nach dem Entrichten des stolzen Eintrittspreises von 14 Pfund pro Person bekommen wir eine Art „Headset“ ausgehändigt. Eine nette Frauenstimme führt uns fortan in deutscher Sprache durch die Kojen und Gänge des Schiffes.
Als wir den pickefein geschruppten Holzboden des Unterdecks betreten, schaue ich mich kurz nach einem Schild um, welches um das Ausziehen des Schuhwerks bittet. Eine goldene Glocke ziert das Deck. Der grossräumige „Dining Room“ im Innern des Unterdecks ist mit gedeckten Tischen bestückt. Edles Geschirr und Besteck ist millimetergenau ausgerichtet. In Vitrinen ausgestellte Geschenke zeugen von Besuchen auf allen Kontinenten. Beeindrucken sind auch die Mannschafts-kabinen. Abgestellte Schuhe und abgelegte Overalls lassen die Szenerie lebendig wirken. Es fehlt nur noch der Matrose, welcher sich an uns vorbeidrückt um ein Nickerchen zu machen. Ein langer Korridor führt auch vorbei an den Räumlichkeiten der Königin, des Prinzen und der Prinzessin.
Im Kriegsfall wäre das Schiff auch ein mobiles Spital gewesen. Davon zeugt der vollständig ausgerüstete Operationssaal. Glücklicherweise blieb die Weltlage einigermassen friedlich. Schwarz-weiss Fotos an den Wänden des Operationssaals veralbern das Schiffs-Maskottchen, den Wombat. Das Plüschtier wurde jeweils zum Spass in den Deckenventilator der Bar geworfen. Vermutlich hatte der kleine Wombat dabei Schaden genommen. Die spassigen Fotos zeugen von einer schweisstreibenden Operation am kleinen Kerlchen.
Im Waschsaloon stehen riesige Verpackungen mit Waschpulver vor noch grösseren, chromglänzenden Waschgeräten.
Eine Treppe führt uns nach unten, zum pochenden Herzen des Schiffes. Der Maschinenraum ist auf Glanz poliert. Chrome und Messing strahlt uns entgegen. Schläuche, Rohre und Kabel führen zu Messgeräten, Turbinen und Verdampfern. Alles prima ausgeleuchtet.
Nach etwa zwei Stunden verlassen wir das Schiff, laufen am ehemaligen Beiboot vorbei und gehen für unsere Rückfahrt zur Bushaltestelle. Der erste Bus fährt uns zurück in die Innenstadt. Wir steigen aus und besichtigen noch das Scott Monument. Die Gedenkstätte für den Nationaldichter Walter Scott besteht aus einem 1846 fertiggestellten Turm, der 287 Stufen in die Höhe ragt. In der Neuzeit erinnert sein aussehen an die Festung Saurons in der Verfilmung „Herr der Ringe.“
Nach gut 8 Stunden Stadt- und Bootsbesichtigung spüren wir nun langsam unsere Füsse und der Kopf ist voller Eindrücke. Durch dichten Feierabendverkehr geht`s mit dem Bus zurück zu unserem Campingplatz.

 

16.09.2015 - Loch Lomond (SCO)

Edinburgh verlassen wir bei strahlend blauem Himmel in westlicher Richtung. Die M8 führt Ziel Gerade zur Arbeiterstadt Glasgow. Und als müsste die 600`000 Einwohnerstadt ihrem Status gerecht werden, qualmt über hoch in den Himmel ragenden Kaminrohren giftig-gelber Rauch gegen den Himmel. Dank dem Überfluss an Kohle und Eisen wurde Glasgow in den 20er Jahren zur mächtigen Industriestadt. Und so zogen nach dem zweiten Weltkrieg Arbeiter aus halb Europa in die überfüllten Quartiere mit baufälligen Wohnungen.
Unser Ziel für heute ist aber der nördlich von Glasgow gelegene, grösste Binnensee Schottlands. Je nach Wasserstand stehen dreissig bis sechzig Inseln im Loch Lomond. Die bezaubernde Umgebung mit hochaufragender, hügeliger Landschaft wie auch einige bemerkenswerte Ortschaften am Westufer des Sees, machen das Gewässer zu einem der schönsten und touristisch interessantesten Schottlands.
Balloch ist ein kleines Städtchen im südlichen Ende des Loch Lomond. Hier liegt der Hafen für die zahlreichen Touristenboote und hier finden wir auch einen gross-zügigen Parkplatz für einen kleinen Bummel.
Das Tourist-Office hat neben nützlichem Kartenmaterial auch Regenschirme und Gummistiefel im Angebot. Uns beschleicht eine Vorahnung vom dem, was uns auf unserer Reise noch erwarten wird. In den Regalen stehen auch Sprays gegen die lästigen Midges. Wir kaufen eine Dose – Die Verkäuferin hinter dem Tresen muss schmunzeln.
Bei gleissendem Sonnenlicht spazieren wir anschliessend der Balloch Road entlang über eine Brücke. Wir blicken auf moderne Touristenboote herunter, welche auf Gäste warten, die in gut gefüllten Cars aus Edinburgh und Glasgow angefahren kommen.
Wir verlassen den Parkplatz und steuern das Schloss Balloch an, welches in einer äusserst grosszügigen, beeindruckenden Parkanlage steht. Das Mauerwerk aus Sandstein umfasst den zwei geschossigen Bau. Gut erhalten hat das eindrückliche Gebäude seit dem 13. Jahrhundert einige Besitzerwechsel erlebt. Das Schloss selber ist wegen Renovations-Arbeiten geschlossen, also vertreiben wir uns die Zeit mit einem ausgedehnten Spaziergang über die Parkanlage.
Am bewaldeten und schlecht zugänglichen östlichen Ufer des Loch Lomond soll es einen Campingplatz, den Camping Club Milarrochy Bay, geben. In einem grossen Bogen führt uns die Strasse nun um den See herum, durch die Ortschaft Balmaha nach Milarrochy. Der Campingplatz befindet sich in idyllischer Lage direkt am Seeufer. Nur wenige Wohnmobile und ein paar Zelte teilen sich die grosszügige Grünfläche. Kaum Aus-gestiegen machen wir Bekanntschaft mit den Midges. Die lästigen, kleinen Insekten bohren sich tief in die Haut hinein, ihr kleiner Körper färbt sich durch die aufgesaugte Flüssigkeit rot, und unser Gesicht ebenso. Das kann ja heiter werden. Der wohlernährte Camping-Kater ist uns da schon freundlicher gesinnt. Ganz frech läuft zielstrebig die Leiter hoch in unsere Wohn-Kabine.
Das Seeufer plätschert nur wenige Meter vor unserem Stellplatz. Ein paar Stockenten liegen am steinigen Ufer und erfreuen sich der letzten Sonnenstrahlen. Friedlich schaukeln ein paar Segelboote im Abendlicht und die Hügelige Umgebung wirft lange Schatten auf das Loch Lomond.

17.09.2015 - Glen Coe (SCO)

Weil die Strasse am Ostufer bloss eine Stichstrasse ist, die durch dicht bewaldete Grundstücke zu einem einsamen Pier führt, fahren wir wieder retour nach Balloch und setzen unsere Reise am touristisch gut erschlossenen Westufer des Sees fort. Bald erreichen wir Luss. Eine aus niedlichen Häuschen bestehende Gemeinde, wo ein überdimensionaler Parkplatz mit Sovenier Shop zu einem Zwischenstopp einlädt. Entlang blumengeschmückter Cottages – eines schöner geschmückt als das andere - führt ein Spazierweg zum Strandbad. Bei kühlen Temperaturen schaukelt das Badefloss verlassen auf der gekräuselten Wasseroberfläche. Dorfbewohner sieht man keine. Vermutlich haben Sie den täglichen Touristenstrom satt. Vielleich bestehen die Häuschen aber auch nur aus geschickt aufgestellten Fassaden des schottischen Tourismusverbandes.
Noch bevor wir das nördliche Ende von Loch Lomond erreichen, fahren wir rechts zum Loch Long und von da weiter zum Loch Fyne wo wir auf der Old Military Road über eine steinerne Brücke die Ortschaft Inveraray erreichen.
Schon von weitem gut sichtbar begrüsst das Inveraray In die Besucher. Das Dorf hat eine bewegende Geschichte hinter sich. So liess der reiche Herzog Archibald das ehemalige Fischerdorf samt Burg abreissen und einen Kilometer versetzt in strahlendem Weiss wieder aufbauen. Gut 300 Jahre nach diesem Ereignis stehen wir nun auf einem Parkplatz des herausgeputzten Städtchens. Der Herzog hat längst das Zeitliche gesegnet und so steht nun auch ein alter, metallener Dreimaster etwas verloren im Hafen und wartet auf einen Verkäufer. Ship for Sale steht auf einer unübersehbaren Tafel.
Eine kleine Parkanlage schmückt das Seeufer. Auf dem saftigen Grün steht ein metallener Soldat auf einem hoch aufgeschichteten Steinsockel und blickt gegen Inverary. Das Denkmal wurde 1922 enthüllt. Die eingravierten Namen erinnern an gefallene, schottische Soldaten des ersten Weltkrieges. Hier setzen wir uns auf eine Bank und blicken über den See auf den markanten Bein an Lochain, der mit über 900m Höhe bereits zum Schottischen Hochgebirge zählt.
Unweit der Hafenanlage steht das ehemalige Gefängnis. Heute dient es als Museum. In den kühlen Gemäuern kann man die Folterpraktiken von früher studieren. Schreie aus dem Innern lassen ungutes vermuten.
Um nicht als Besucherattraktion heulend auf dem Streckbarren zu enden, setzen wir unsere Reise fort.
Das düstere Rannoch Moor erreichen wir nach etwa einer Stunde ebener Strasse. Hierhin flohen früher Verbrecher vor der Staatsgewalt, versteckten sich, verirrten sich und wurden letztlich von einem der zahlreichen Sumpflöcher verschluckt. Unweit von hier steht auch der abgelegenste Bahnhof Grossbritanniens, die Rannoch Station.
Wir erkunden diese mystische, geheimnisvolle Welt zu Fuss ohne dabei die sicher erscheinenden Pfade zu verlassen. Das 130 km2 grosse Moor besteht aus unerschlossenen Tümpeln, Seen, Sümpfen und Wasserläufen. Weder für Behausungen noch für die Kultivierung der Landfläche ist das Plateau geeignet. Und so gehört das Gebiet zu den letzten kaum berührten Landschaften Schottlands.
Das Moor bildet auch eine natürliche Wasserscheide. Der westliche Teil entwässert in den Atlantik und der östliche Teil führt das Wasser dem River Tay zu, welcher in die Nordsee führt. Zwei Kanuten kommen uns entgegen. In Wetterfester Kleidung sind sie ein Stück über das Moor gepaddelt.
Glücklicherweise treffen wir nicht auf die drogen-benebelten Protagonisten des britischen Kultfilms Trainspotting, welche im Moor auf Wanderschaft gingen.
Die herrlich romantische Landschaft hingegen versprüht einen tristen Charme. Die Gefühlslage verändert sich mit jedem Sonnenstrahl und Schattenwurf. Und so spazieren wir über unwirkliche Landschaft bis uns Wasserläufe und sumpfiger Grund stoppen. Hier geht’s nicht mehr weiter und wir kehren um.
Die Strasse führt nun hinein zwischen die 1000m Bergriesen des Glen Coe. Hier finden wir etwas abseits einen uns sicher erscheinenden Stellplatz für die Nacht.

18.09.2015 - Loch Ness (SCO)

Als ich am Morgen die Kabinentüre öffne, sehe ich auf Nebelschwaden, die von der aufgehenden Sonne goldig strahlend beleuchtet werden, über die Moorlandschaft streifen. Dachse, Rotwild und Füchse haben die Nacht um unseren Schlafplatz verbracht.
Es ist kühl. Entsprechend kleiden wir uns in Wetterfeste Jacken und Hosen und machen uns auf den Weg, um die Umgebung auf einer Wanderung zu er-kunden.
Eine Brücke führt über den Glencoe welcher Wasser in das Loch Leven spült, welches mit dem Nordatlantischen Ozean verbunden ist.
Wir halten Ausschau nach den Tieren, welche in der Nacht hörbar um unseren Landi geschlichen sind. Doch jetzt, am frühen Morgen, scheinen diese das Weite gesucht zu haben.
Trotzdem geniessen wir unseren morgendlichen Ausflug durch Glen Coe. Wir laufen entlang eines kleinen Bachlaufes durch riesige Farnfelder und Wälder voller Moos. Teilweise geht der Pfad hinaus auf sumpfiges Moorland wo mit Spinnweben behangene Besenheiden blühen. Durch den Tau der sich an den Blüten und Spinnweben sammelt glitzert die Umgebung. Ein zauberhaft mystischer Anblick. Die Beschaffenheit des Bodens ähnelt einem mit Wasser vollgesaugten Schwamm so dass beim Auftreten matschige Geräusche entstehen.
Zurück beim Landi starten wir den Motor und Fahren zurück auf die A82 um unsere Reise in die nördliche Richtung fortzusetzen.
Als Kind habe ich Monty Pythons „Die Ritter der Kokosnuss“ gesehen. Gegen Ende des Films finden die Protagonisten das Schloss. Die Suche nach dem Schloss sollte uns heute einfacher fallen, als den Rittern in der herrlich überdrehten Klamotte aus den 70er Jahren.
Die Strasse führt uns entlang des gemütlich vor sich hin plätschernden Glencoe zum Loch Leven. Am westlichen Ufer mündet das Loch Leven in das grosse Loch Linnhe, welches mit dem Atlantik verbunden ist. Das Wasser wird durch eine schmale Verbindung der beiden Gewässer gepresst. Über den Stromschnellen führt die A82 über die auffällig rostige Ballachulish Bridge, eine Stahlkonstruktion aus den 70er Jahren.
An dieser Stelle verlassen wir die Hauptverbindungsstrasse um weiter dem Ufer des Loch Linnhe zu folgen. Die gut ausgebaute A828 schlängelt sich bei strahlendem Sonnenschein entlang der Seeküste. Immer wieder wird der Blick frei auf das glänzende Wasser des Loch Linnhe, welcher als langgezogene Meeresbucht bis an den Rand der Highlands vordringt. Vereinzelt schaukeln Segelboote im Wasser.
Etwa zehn Kilometer, nachdem wir die Stahlbrücke passiert haben, steht rechts ein auffälliges Kaffee-Haus und ein Schild mit der Aufschrift Castle Stalker View heisst uns willkommen.
Vom Parkplatz aus kann man bereits einen Blick auf das verträumte, kleine Schloss werfen. Wie damals die Filmcrew haben auch wir keine Genehmigung zum betreten der Anlage. Also geniessen auch wir lediglich den Blick vom Café aus. Das dabei konsumierte Gebäck schmeckt bei diesem Ausblick umso besser. Im Souvenier Geschäft werden auch reproduzierte Bilder einer ortsansässigen Künstlerin verkauft. Alex Klark versteht es mit Ihren Zeichnungen, typisch schottische Begebenheiten fröhlich darzustellen. Wir kaufen uns ein Gemälde mit einem Land Rover, der von einem Hund gesteuert wird.
Unweit von hier ist das Oban Sea Life Centre. In dieser Einrichtung werden verletzte und schwache Robben gepflegt und, wenn möglich, wieder ausgesetzt. Also, fahren wir noch etwas weiter nach Oban.
Das Sea Life Centre steht in einer ausnehmend schönen Bucht. Einige Pfade führen den Besucher durch die natürliche Flora der Umgebung. In den Gebäudekomplexen wurden möglichst naturnahe Aquarien mit vornehmlich einheimischen Fischen errichtet. Dabei staunt man über die Artenvielfalt der kühlen Gewässer.
In schottischem Englisch werden Erklärungen zu den Fischottern abgegeben, welche gerade gefüttert werden. Einige Kegelrobben vollführen Kunststücke.
Wir besuchen auch noch die Tiermedizinische Abteilung, welche auf die Operation an verletzten Robben spezialisiert ist. Das Ganze finanziert sich aus den Eintrittsgeldern der Besucher.
Nach dem Besuch der sympathischen Anlage fahren wir wieder zurück zur rostigen Brücke und überqueren die Verbindung der beiden Loch`s.
Nach Fort William sind es ab der Brücke etwa fünfzehn Kilometer. Dank des höchsten Bergs Grossbritanniens, dem 1`344m hohen Ben Nevis, dessen Gipfel hoch über Fort William thront, hat sich das Städtchen zu einem wahren Outdoor-Mekka und zu einer touristischen Hochburg entwickelt.
Als wir die Ortschaft erreichen fällt unser Blick auf eine grosse Parkfläche. Sie steht direkt am Ufer des Loch Linnhe, welcher hier in Forth William als längste Meeresbucht Schottlands endet.
Durch Fort William führt eine lange Fussgängerpassage mit Geschäften links und rechts. Die vielbevölkerte Strasse endet bei der grünen Parkanlage „The Parade“.
Auf dem Rückweg decken wir uns mit dem notwendigsten für die nächsten Tage ein und geniessen am Ufer des Lochs eilig ein Fast-Food Menü.
Das Crannog, ein Restaurantgebäude aus weisen Holzladen und mit roten Dachziegeln, steht einladend auf einem kleinen Pier. Einige Fährboote und Werkschiffe schaukeln im Gewässer.
Mit genügend Fett-Reserven um schon bald als Köder am Loch Ness zu stehen, fahren wir anschliessend weiter zu besagtem, sagenumwobenen Gewässer.
Vorher passieren wir bei Stronaba das Commando Memorial, ein Kriegsdenkmal welches an Gefallene des 2.Weltkriegs erinnert und ganz aktuell auch noch um eine Gedenkstelle für die gefallenen Soldaten des Afghanistan Krieges erweitert wurde.
Gewohnt, vor Kriegsdenkmälern längst vergangener Kriege zu stehen und auf eingemeisselte Namen und Daten zu starren, läuft einem hier der kalte Schauer über den Rücken. Briefe, Farbfotos und Blumen erinnern an die kürzlich gefallenen Soldaten. Das Denkmal, bestehen aus drei gegossenen Soldaten, steht auf einer kleinen Anhöhe mit toller Rundumsicht und Blick auf den Ben Nevis.
Wir fahren weiter, passieren das Loch Lochy, das Loch Oich und wechseln über zum Loch Ness. Eigentlich nicht schöner oder weniger schön als die anderen Lochs, wäre da nicht die Sage vom Ungeheuer, welches im dunklen Gewässer sein Unwesen treibt. Loch Ness ist das tiefste aller "Löcher" in Schottland und es füllt mit seiner Länge fast den gesamten Kaledonischen Graben aus, welcher vor 380 Millionen Jahren entstand.
Seit der ersten Sichtung im Jahr 565 ist das Seeungeheuer regelmässig aus dem Wasser aufgetaucht. In der Neuzeit beschränkt sich die Aktivität des Monsters vorab auf die Sommermonate, wo schottische Zeitungen generell Mühe haben, ihre Blätter zu füllen.
Gerade tief in den Mythos um das Monster versunken rauschen wir an einem auffälligen, steinigen Denkmal vorbei. Wir fahren weiter bis zur ersten Wendemöglichkeit und setzten ein Stück zurück.
John Cobb war Pelzhändler und leidenschaftlicher Motorsportler. Als versierter Tüftler arbeitete er an ultraschnellen Fahrzeugen für Land und Wasser. Als Fahrer stellte er auf der Salzpiste des Bonneville Salt Flats in Utah mehrere Geschwindigkeitsrekorde auf.
Mit dem Crusader, einem düsenbetriebenen Schiff startete John Cobb an dieser Stelle im Loch Ness den Versuch, einen neuen Geschwindigkeitsrekord für Wasserfahrzeuge aufzustellen.
Im September 1952 beschleunigte er den Hydroplan im Beisein zahlreicher Schaulustiger auf über 320 Kilometer die Stunde. Der neue Weltrekord war damit geschafft. Gerade als John Cobb die Maschine auf Leerlauf stellen wollte, hob eine kleine Welle das rasende Boot aus dem Wasser und liess es mit dem Bug-Voran in das Wasser hinein bohren. John Cobb wurde aus dem überschlagenden Boot geschleudert und brach sich beim Aufschlag auf das betonharte Wasser das Genick.
Wir stehen nun an der etwas unscheinbaren Gedenkstätte, wo eine gravierte Stahlplatte an den bedauerlichen Vorfall erinnert.
Wir fahren weiter und erreichen das eindrückliche Urguhart Castle. In Erwartung des Seeungeheuers thront die Burg bei Sonnenschein über dem dunklen Loch.
Fast so schwierig wie das auffinden des Seeungeheuers stellt sich für uns die Suche nach einem Nessi-Nahen Schlafplatz heraus.
Wir finden diesen schliesslich bei einer Pferderanch auf einer kleinen Anhöhe.
Die Freundliche Besitzerin weist uns einen Platz neben den Stallungen für die Pferde zu. Die einfache Duschmöglichkeit steht gleich neben an.
Wir stellen uns auf die ebene Fläche und geniessen anschliessend die letzten Sonnenstrahlen des Tages.
Zum Wiehern der Pferde steigt schon bald der Mond hinauf zum Firmament.

19.09.2015 - Isle of Skye (SCO)

In Drummadrochit ist das Seeungeheuer allgegenwärtig. Das 1101 Seelendorf steht am Westufer des Loch Ness. Nessi blickt hier mit grossen Glutschaugen von sämtlichen Postkarten, Taschen, Lampen, Tüchern, Mützen... und so kommt es, dass auch unsere Kühlschrankmagnet-Sammlung um ein Seeungeheuer im Taschenformat erweitert wird.
Obwohl die Zeit an diesem Samstagmorgen schon fortgeschritten ist, macht Drummadrochit einen weitgehend verschlafenen Eindruck.
Ein kleines Verkaufsgeschäft steht trotzig zwischen den Souvenirgeschäften. Es ist hübsch eingerichtet und verkauft Waren vom Bauernhof.
Die beiden Besucherzentren warten auf erste Touristen.
Wir orientieren uns noch rasch auf einer Stadtkarte, welche im Dorfzentrum angebracht ist und stellen fest, dass wir alles von der überschaubaren Ortschaft gesehen haben.
Die Fahrt führt uns nun wieder zurück, am langgezogenen Loch Ness entlang und dann weiter in westliche Richtung zur Insel Skye. Unterwegs finden wir zwischen den eingezäunten Landschaften endlich ein kleines Schlupfloch, welches uns ein wenig Off-Road Strasse vergönnt. Leider gibt`s das hier in Schottland viel zu wenig. Also biegen wir ein auf den Schotter, der sich schon bald in etlichen Windungen eine Steigung hinauf zieht. Nach einer letzten Rechtskurve stehen wir vor einem abgeschlossenen Gatter. Hier ist Schluss. Es bleibt uns nichts anderes übrig als wieder zurücksetzen, wenden und zurück auf die Asphaltstrasse. Aber ein Versuch war es allemal wert.
Seit 1995 steht die Skye Bridge, über welche wir nun bequem auf die vorher nur mit Fähre erreichbare Insel übersetzen. Ursprünglich wurde für das befahren der Brücke eine überteuerte Mautgebühr eingezogen, welche viel teurer war als die ursprüngliche Fährverbindung. Die daraus resultierenden Proteste der Bevölkerung führten zu zahlreichen.
Das Fischerdörfchen Elgol erreichen wir über einen Single-Tack, eine der zahlreichen Strassen in Schottland, wo das kreuzen mit anderen Fahrzeugen nur an sogenannten "Passing Points" möglich ist. Das sehr schmale Teerband führt zuerst an einem alten Friedhof vorbei, wo Schafe zwischen den Grabsteinen der MacLeods frisches Grün pflücken.
Danach folgt schon bald das bezaubernde "Blue Shed Cafe" welches zu Café und Kuchen einlädt.
Im Café sitzen auch Radfahrer, welche zu einem "Inselradrennen" gehören. Die nummerierten Fahrräder sind uns unterwegs immer wieder begegnet. Die zwei Fahrer im Cafe haben es wohl nicht so eilig. Wir setzen und vor das grosse Fenster und blicken hinaus, über feuchtnasse Wiesen und Hügel. Dazwischen die Wasserzunge des Loch Slapin, eine Meeresbucht des atlantischen Ozeans.
Beim bezahlen fragt uns die Besitzerin, woher wir kommen. Nun bittet Sie uns, auf einer grossen Weltkarte mit einem Klebepunkt unseren Heimatort zu markieren. Jeder Kontinent ist mit hunderten der Klebepunkte markiert. Unser Punkt klebt nun auf ewig zwischen, über und wohl auch schon unter anderen Klebepunkten.
Wir fahren weiter. Zur Rechten ragen imposant die Cuillin Hills in den Himmel und die Strasse windet sich äusserst steil nach unten zu unserm Ziel, dem verträumten Elgol, welches aus ein paar wenigen Häuschen, einer Primarschule und aus einem Hafen besteht, welcher das Ende der Strasse markiert.
Irgendwie schaffen wir es, unseren Landy auf dem schmalen Hafenparkplatz abzustellen.
Als wir aussteigen, weht uns die kühle Meeresbriese entgegen. Gemütlich gehen wir zu den Baracke-ähnlichen Gebäuden im Hafen. Ein paar Tourenanbieter buhlen um Kundschaft. Gewohnt schottisch machen Sie das aber unaufdringlich mit ein paar aufgestellten Tafeln und Werbeschildern.
Wir entscheiden uns für eine Bootstour mit der gemütlichen Bella Jane, welche uns eine halbe Stunde später mitnimmt, hinaus auf die stürmische See, zum Loch Courisk. Dort kann man mit etwas Glück eine Seehund-Kolonie beobachten.
Kurz nach der Abfahrt sehen wir zweimal eine grosse, schwarze Rückenflosse aus dem Meer auftauchen. Es könnte die Rückenflosse eines Riesenhais sein, der in diesen Gewässern anzutreffen ist. Basstölpel stechen mit hoher Geschwindigkeit im Sturzflug ins Wasser hinein. Ihre bis 1.8m Flügelspannweite ziehen Sie für den Sturzflug pfeilförmig zusammen. Wie Torpedos knallen die Vögel in die unruhige See.
Wir sind nur zu viert auf dem Boot und ein Crew-Mitglied unterhält uns auf dem ersten Stück der Fahrt mit viel schottischem Humor. Und so scheppern wir auf besagtes Loch zu. Aus der Ferne sehen wir schon bald schroffes Felsgestein, welches aus der See hinausragt. Auf etwas flacheren Felsinseln liegen einige seltsame, ovale Steingebilde. Als wir näher herankommen sehen wir, wie sich einer der Steine wippend hin und her bewegt. Und schon bald beginnen auch andere Steine zu Wippen und entpuppen sich beim genauen hinsehen als Robben, welche auf den Inseln faulenzen.
Die Kegelrobben, welche Ihren Namen nicht etwa vom Kegelförmigen Körper sondern von der Form Ihrer Zähne haben, werden bis zu 220 kg schwer. Die Tiere nehmen kaum Kenntnis von unserer "Bella Jane". Einzig die Jungtiere sind auffallend nahe bei den ausgewachsenen Robben und suchen Schutz. Dazwischen stehen Kormorane und trocken ihre ausgebreiteten Flügel.
Vor der Rückfahrt nehmen wir beim Bootsanleger noch ein paar Passagiere auf und schippern nach neunzig Minuten wieder in den Hafen von Elgol ein.
Für die Nacht finden wir etwas oberhalb der Anlegestelle einen gemütlichen Stellplatz.
Es ist bereits dunkel, als ich über die Leiter ins freie trete. Zwei Laternen lassen die Umrisse der Hafenanlage erkennen. Ich höre nur die Wellen und den Wind. Alles wirkt vollkommen und endlos schön.

20.09.2015 - Isle of Skye (SCO)

Als ich erwache höre ich das Kreischen der Möwen. Ich klettere aus dem Alkoven, rutsche in ein paar Trainerhosen und öffne die Kabinentüre. In der morgendlichen Dämmerung erkenne ich wie die Dünung durch das Hafenbecken von Elgol rollt. Die Barracken der Tourenanbieter sind noch abgeschlossen. Werbetafeln sind nach innen gekehrt und an die Barraken angelehnt. Stühle und Tische feinsäuberlich aufgestapelt. Ich Trete die Leiter hinunter und erschrecke ab dem „bääähhhh“ eines Schafes, welches um die Ecke der Kabine gelaufen kommt. Um unseren Landi hat sich eine Schafskolonie versammelt und sucht nach essbarem. Carole guckt nun auch aus der Türöffnung hervor und muss lachen: „Na Hirte, wollen wir frühstücken?“.
Um in den Norden der Insel zu gelangen müssen wir wieder ein ganzes Stück über die Single Route zurücksetzen. Zahlreiche, mit Kanus beladene Fahrzeuge, kommen uns entgegen. Gestern Fahrräder, heute Kanus. Die Bewohner der Insel müssen allesamt durchtrainierte Sportler sein. Dank den vielen Ausweichmöglichkeiten ist das Kreuzen auf dieser „Single Route“ kein Problem. Weisse Tafeln mit der Aufschrift „Passing Place“ kündigen diese Ausbuchtungen in der Strasse gut sichtbar von weitem an.
Bei Broadford wollen wir uns endlich mit einem richtigen Whisky von der Insel Skye eindecken. Also checken wir bei einer Food-Cooperative, einem der grösseren Warenhäuser auf der Insel ein, und gehen mit dem Whisky zur Kasse. Es ist 09.45 Uhr. Neben Whisky stellen wir auch noch gleich ein paar Flaschen Wein auf den Verkaufstresen. In unserem Weinkeller herrsch Ebbe. Der Verkäufer beobachtet uns dabei, schaut auf die Uhr und sagt: "Alkohol darf in Schottland erst ab 10.00 Uhr verkauft werden“. Uns fällt fast die Kinnlade runter. „Echt jetzt, gilt das für Sonntag?" "Nein, für alle Tage in allen Wochen in jedem Jahr...." sagt uns der Verkäufer. Ich schaue in die Runde und sehe in ein paar hämische Blicke stocknüchterner Schotten. Süssigkeiten und Gebäcke sind, trotz zahnärztlicher Bedenken, bereits vor 10.00 Uhr erlaubt. Also kaufen wir uns ein paar Apfeltaschen und begeben uns zum Landi.
Der Halbinsel Neist Point markiert die westlichste Stelle der Insel Skye. Der gleichnamige, unter Schutz stehende Leuchtturm warnt seit 100 Jahren die Schiffsfahrt vor dem schroffen, gefährlichen Felsgestein.
Als wir auf dem kleinen, gut besetzten Parkplatz ankommen peitschen Wind und Regen gegen unseren Landi. Jetzt auszusteigen hätte in etwa denselben Effekt wie im Dezember in Vollkleidung in den Pool des Nachbarn zu springen. Also warten wir, bis Wind und Regen ein wenig nachlassen, öffnen dann die Türen, rennen nach hinten zur Kabinen Türe, öffnen diese und verschanzen uns in der wohligen Kabine, bis draussen wieder Wetterähnliche Zustände herrschen.
Glücklicherweise haben wir noch feinen Käse, Tomaten, Wurst und Brot an Bord. Also verköstigen wir uns und werfen ab und zu einen Blick nach draussen, wo mit Pelerinen vermummte Gestalten im Nirgendwo nach ihrem Fahrzeug suchen.
Es dauert eine ganze Weile bis sich draussen eine Umgebung zeichnet. „Jetzt können wir es versuchen“ mein Carole zu mir.
Die etwa zwei Kilometer zum Leuchtturm müssen auf einem schmalen Hirtenpfad zurückgelegt werden. Neben und auf dem Pfad grasen völlig durchnässte Schafsherden, deren Hinterlassenschaften zu Zick-Zack förmiger Wanderschaft führen.
Eindrücklich stürzen Wetterseitig die Felsen hundert Meter in die See hinunter. Wir beobachten die zahlreichen Basstölpel bei ihren gewagten Flugmanövern.
Der Leuchtturm und seine Nebengebäude stehen eindrücklich über den Klippen der Halbinsel. Ein riesiges, angerostetes Horn ist zur stürmischen See gerichtet. Mit diesem gigantischen Horn würden wohl auch UFO`s verschreckt werden.
Wir geniessen die tolle Aussicht, den Duft des Meeres und die Sicht auf die Vogelkolonien, welche es irgendwie schaffen, den Windböen zu trotzen. Es sind dieselben Böen, die uns anschliessend zu unserem Landi zurück schubsen.
Heute ist unser Hochzeitstag. Wäre das Wetter ein Indikator für unser Eheglück, wir müssten uns auf schwierige Zeiten einstellen. Also einigen wir uns darauf, dass Erlebnisse, Unterwegs sein und viel gemeinsame Zeit bessere Anhaltspunkte dafür sind. Der Tag soll uns mit einem schönen Stellplatz und einem feinen Restaurant beschenken. In Dunvegan scheint es beides zu haben.
Das „Old School Restaurant“, ein strahlen weisses Gebäude, lockt alleine mit seinem Aussehen. Als wir den gefüllten Saal betreten, bekommen wir in der hintersten Ecke den letzten freien Tisch zugewiesen.
Das anschliessende, dreigängige Menü, verköstigt uns tadellos.
Der Camping Kinloch geht Zaunlos in eine ausufernde Meereszunge über. Seine Lage als schön zu beschreiben wäre eine Untertreibung. Ein paar Sonnenstrahlen schiessen nun durch Öffnungen im Wolkenhimmel und lassen die weissen Häuschen von Dunvegan auf dem glatten Meerwasser spiegeln.

21.09.2015 - Balmacara (SCO)

Da wir uns heute die Landschaft im Norden der Insel ansehen wollen, verlassen wir den Camping Kinloch schon am frühen Morgen.
Das Dunvegan Castle ist der Stammsitz der schottischen Clans der MacLeods. Die MacLeods, welch das Motto Hold fast (Bleib standhaft) verkörpern, haben eine blutige Vergangenheit, voller Kriege, Hass und Familienfehden. Christoper Lambert verkörpert im Film Highlander Connor MacLeod. Weniger Fiktiv ist die Geschichte von Mary Anne MacLeod Trump, der Mutter von Donald Trump. Dunvegan Castle ist das älteste durchgängig bewohnte Schloss Schottlands und der Bau geht aus das 13. Jahrhundert zurück.
Nach kurzer Fahrt kommen wir zu einem Parkplatz mit Kassenhäuschen. Eigentlich wollten wir uns das Schloss aus der Nähe ansehen. Der horrende Eintrittspreis scheucht uns aber schnurstracks wieder auf die Strasse zurück. Die MacLeods scheinen finanziell aus dem letzten Loch zu pfeifen.
Wir fahren noch ein Stück weiter und können dann bei einer ausufernden Landzunge am Loch Dunvegan anhalten. Von hier aus können wir einen Blick auf das Schloss werfen. Unweit von uns gackert eine Gruppe Wildgänse über das Wiesenstück und ein paar Robben suhlen sich, in Erwartung der ersten Sonnenstrahlen, auf einer felsigen Insel vor dem Schloss.
Wir fahren noch ein paar Kilometer weiter entlang des Loch Dunvegan und gelangen zu einem grösseren Parkfeld. Hier endet die schmale Strasse. „No Overnight Parking“ steht auf einem gelben Schild. Nun, übernachten wollen wir hier nicht. Aber den Coral Beach, der von hier aus in einem halbstündigen Fussmarsch erreicht werden kann, wollen wir uns ansehen.
Kaum machen wir uns auf den weg, beginnen ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke zu strahlen und lassen einen Regenbogen entstehen, der die Grünen Hügel und Wiesen mit dem Meer verbindet.
Der Coral Beach hat nicht nur einen karibischen Klang, er sieht auch aus wie ein strahlen weisser Strand in der Südsee. Abermillionen Korallen und Muscheln wurden hier angespült. Aus ihnen entstand der weiss schimmernde und glitzernde Strandabschnitt. Zusammen mit dem karibisch blauen Wasser ist die Illusion beinahe perfekt. Beinahe… Eine Kuh hat sich von ihrer Herde getrennt und lässt es sich nun nicht nehmen, unsere Fotos mit ihrer Anwesenheit zu bereichern.
Wir bleiben eine Weile, hören wie die kräuselnden Wellen mit einem rausch den Korallenstrand treffen und bestaunen den Regenbogen.
Als wir beim Landi zurück sind, ist dieser ziemlich zugeparkt worden. Der „No Overnight Parking“ ist gut besucht. Mit einigem hin- und her können wir uns befreien und zurück auf das schmale Teer-Band fahren.
Die Fahrt geht nun durch wunderschöne, durch Wind und Wasser geformte Landschaften.
Der Quiraing, eine durch Erdrutsche entstandene geologische Formation, ist die landschaftlich vielleicht schönste Gegend auf der Insel Skye. Mitten in diesen imposanten Gipfeln finden wir ein kleines Parkfeld. Hier steigen wir aus und gehen ein Stück durch die landschaftliche Besonderheit. Zahlreiche Filmteams haben hier schon Szenen zu Hollywood Produktionen gedreht. Die dunkeln, mit Moos bewachsenen Felsen, ragen teilweise überhängend in die Höhe und verlieren sich in Wolken und Nebelschwaden.
Wir können uns an diesem bizarr geformten Gebirge bei wechselnden Lichtverhältnissen kaum satt sehen.
Anschliessend steigen wir wieder in den Landi und fahren über ein paar Kehren steil nach unten, bis die Strasse auf einer grossflächigen Ebene an Gefälle verliert.
Den Old Man of Storr, ein beeindruckender Felsen der auch in der Alien Fortsetzung „Prometheus“ ins Bild gerückt wurde, erkennen wir durch den nun dichten Nebel nur schemenhaft.
Beim Kilt Rock halten wir kurz an. Den Namen hat die schroffe Küste vom Schottenrock, welchen die felsigen Klippen abbilden. Hier stürzt ein Wasserfall über die Abbruchkante in die Tiefe. Eine kleine Plattform ermöglicht die Aussicht auf das Naturschauspiel.
Wir umrunden nun die Nord-Östliche Flanke der Insel und biegen ab nach Portree. Hier scheint die Schottische Malermeister-Gesellschaft ihren Sitz zu haben. Die Häuserzeile am Hafen steht in den Farben Gelb, Grün, Blau, Rosa und Weiss Spalier. An einer steilen stelle finden wir eine winzige Parklücke. Irgendwie schaffe ich es mit Kupplung, Handbremse und Lenkrad unseren Landi einzuparken. Anschliessend flanieren wir am Hafen entlang und wähnen uns auf einer zum Leben erweckten Postkarte. Als auch noch ein paar Sonnenstrahlen die Häuschen im Wasser spiegeln lassen, ist die Illusion perfekt.
Es ist bereits später Nachmittag, als wir wieder weiterfahren.
Voller Eindrücke geht die Reise nun wieder in den Norden der Insel, wo wir über die Skye Bridge die Insel wieder verlassen.
Im nahen Balmacara finden wir einen gut gelegenen Camping und ein kleines Restaurant. Vom Besitzer des Campingplatzes erhalten wir den Tipp, zum Nachtessen durch den Hintereingang des Restaurants zu gehen. Der Speisesaal ist zweigeteilt. Das Essen kommt aus derselben Küche und im hinteren Teil verköstigt man sich zum halben Preis. Wir bedanken uns für den Tipp und essen danach in einem schmucklosen Raum ein gut schmeckendes Abendessen.

 

22.09.2015 - Poolewe (SCO)

Vielleicht liegt es am Eilean Donan Castle, welches unweit unseres Campings seit Jahrhunderten im Loch Duich protzt. Vielleicht aber auch nur am Nachtessen von gestern. Auf alle Fälle habe ich eine unruhige Nacht hinter mir.
Also krieche ich schon lange vor den ersten Sonnenstrahlenm aus der Koje. Der Reraig Caravan Site, welchen wir gestern bewusst oder unbewusst angesteuert haben, und schätzungsweise Platz für achtzig Wohnmobile bietet, ist mit den aktuell sechs Wohnmobilen alles andere als gut besucht.
Nach einem ausgiebigen Frühstück biegen wir auf die Hauptstrasse ein und fahren in Richtung Dornie.
Nach wenigen Minuten öffnet sich der Blick auf das imposante Eilean Donan Castle. Der grosse Parkplatz am Ufer des Loch Duich verweist auf die Touristenströme, welche dem Schloss im Hochsommer einen Besuch abstatten. Heute, am frühen Morgen, stehen nur ein paar wenige Besucher auf dem Parkplatz und bestaunen das Schloss. Die Flut führt dazu, dass das Schloss, welches eigentlich auf einer kleinen Landzunge steht, auf einer Insel steht. Diente das imposante Schloss nach dem Bau im Jahre 1220 als Festung im Kampf gegen die mordenden Wikinger, empfängt es heute Filmteams und dient als Kulisse für Filme wie Highlander, Braveheart oder James Bond – Die Welt ist nicht genug. Zwischendurch wurde das Schloss durch die englische Fregatte bis auf die Grundmauern zerstört.
Das beliebte Fotoobjekt muss natürlich auch durch uns in das richtige Licht gerückt werden. So schiessen wir breit- und hochformatig, mit und ohne Dekoration im Vordergrund, von links, von rechts, von oben und von ganz unten, am Ufer des Sees, auf das Schloss. Leider will das Wetter nicht so recht, und die ausgebreitete Wolkendecke sorgt für diffuses Licht.
Als wir wieder zu unserem Landi zurückwollen, hat sich eine kleine Menschentraube um unser Fahrzeug gebildet. Immer wieder werden wir von den Britten wegen unserem Fahrzeug angesprochen, da es den 130er Defender auch hier kaum gibt und mit einer Wohnkabine, hier in Grossbritannien, schon gar nicht. Mir ist diese Aufmerksamkeit immer ein wenig peinlich, und so schreite ich eher zaghaft zum Fahrzeug. Sofort werden wir von den Britten in ein Gespräch verwickelt. „Von wo aus der Schweiz kommt Ihr?“ „Wie genau wir die Wohnkabine abgenommen?“. Nach der kurzen Unterhaltung setzen wir unsere Reise auf der Western Ross Coastal Trail fort. Die Strasse führt ohne grosse Richtungsänderungen in Richtung Nord-Westen. Zuerst passieren wir das Loch Dughaill. Der über 2 Kilometer und 500 Meter breite grenzt an keine Ortschaft. Die typische Landschaft der Highlands breitet sich an den Ufern aus und natürlich die Strasse, welche zusammen mit der Trasse der Eisenbahn das Nördliche Ufer traversiert.
Bei Achnasheen kommen wir zu einem Kreiselverkehr. Verkehrsmässig sind die Strassen so hoch im Norden schon stark ausgedünnt. Der Moderne Kreisel steht entsprechend einsam und ein wenig deplatziert in der Landschaft. Wir nehmen die zweite Ausfahrt und folgen der A832 in westliche Richtung.
Kurze Zeit später passieren wir das Loch a`Chroisg. Vielleicht hat sich Nessie in dieses langgezogene Loch verkrochen. Anders können wir uns die gänzliche Umzäunung des Gewässers nicht vorstellen.
Nun ist es nicht mehr weit zu unserem Etappenziel, dem Loch Maree, Heimat seltener Enten und des See-Adlers.
Vorher machen wir noch bei einem uralten Eichenwald halt. Hier führt ein kleiner Lehrpfad durch die Baumriesen. In einem Besucherzentrum kann man sich bestens über die Natur informieren. Zum Beispiel wird die Vogelwelt detailliert erklärt.
Kaum haben wir den Eichenwald verlassen taucht zu unserer rechten Seite das Gewässer des Loch Maree auch schon auf. Eine kleine Insel steht markant im dunklen Gewässer. Es ist eine von fünfundzwanzig Inseln, die sich fünfundzwanzig Kilometer langen Gewässer tummeln. Der See ist vor langer Zeit entstanden, als ein grosser Gletscher zurückzog. Am Ufer erstreckt sich ein grosses Waldschutzgebiet, das Beinn Eighe Gebiet, mit altem, kaledonischem Kiefernwald.
Eine grosse, hölzerne Tafel mit der Aufschrift „Glas Leitir Trails“ kündigt den Parkplatz für unsere Wanderung an. Wir ignorieren das Schild Unsuitable for coaches & caravans und finden auf dem Schotterplatz einen passenden, eben einen suitable für Landi Parkplatz.
Ein kleines Besucherzentrum informiert über die beiden Wanderwege, den „Mountain Trail“ und den „Woodland Trail“. Mountain tönt steil und anstrengend, also entscheiden wir uns für den Woodland.
Auch dieser Weg führt uns zuerst nach oben, so dass wir schon bald mit einem tollen Überblick über das Loch Maree belohnt werden. Der kleine Pfad führt durch malerischen, kalten Regenwald und führt über märchenhafte Farnwiesen. Umgestürzte Baumstämme sind über und über mit Moosen, Farnen und Gräsern bewachsen.
Danach setzen wir die Reise fort bis nach Poolewe, wo wir einen Campingplatz am Loch Ewe finden.

23.09.2015 - Durness (SCO)

Am frühen Morgen öffne ich die Kabinentüre. Feucht-Nasse Luft strömt mir entgegen.
Der Inverewe Gardens Poolewe ist einer der zahlreichen Club-Campingplätze, wo die Mitglieder von Vorzugspreisen profitieren können. Dank der schottische Freundlichkeit können aber auch wir, als Nichtmitglieder, ab- und zu den Vorzugspreis geniessen.
Auch hier ist es nicht anders, wobei der freundliche Schwaz mit dem Pächter des Campingplatzes vielleicht etwas Mithilft. John habe während Jahren in den LandRover Werken im britischen Solihull gearbeitet. Entsprechend bewundert er unser Vehikel. Jetzt eine Panne, und wir währen exakt am richtigen Ort.
Der Campingplatz leitet seinen Namen von einem der nördlichst gelegenen, botanischen Gärten ab, welcher unweit des Areals vom warmen Golfstrom profitiert.
Die für diesen Breitengrad völlig untypische Bepflanzung lockt vor allem in den Sommermonaten zahlreiche Touristen an.
Regen und Nebel begleiten uns auf dem ersten Stück unserer Weiterreise in den hohen Norden von Schottland. Es macht bei diesem Wetter keinen Sinn, den sicherlich schön angelegten Inverewe Garden zu besuchen. Also lassen wir das botanische Wunderwerk mit seinem für Car und Busse ausgelegten Parkplatz, links liegen. Wir folgen der A832 welche zuerst am Ufer des Loch Ewe entlangführt. Die markante Isle of Ewe, welche jetzt eigentlich auf unserer Höhe sein müsste, können wir wegen Nebel und Regen nicht erkennen.
Nur selten können wir einen Blick auf die hügelige Umgebung werfen, bloss einen kleinen Wasserfall wollen wir uns aus der Nähe anschauen. Natürlich versinken wir dabei mit unserem Schuhwerk im durch getränkten, sumpfigen Moor. Das Wasser des Bächleins läuft über mehrere Cascaden durch das Moor. Die Landschaft auf Meereshöhe erinnert hier stark an mitteleuropäische Hochmoore, wie man sie dort in 2`000 Meter Höhe findet.
Auch als wir etwas Später zu einem Sandstrand an der Gruinard Bay kommen, ist das Wetter noch nicht viel besser. Der nordatlantische Ozean verliert in der Bucht seine ungestüme Gewalt. Kleine Wellen brechen auf den Sandstrand. Im Hochsommer kann man hier aber bestimmt ein vergnügliches Bad nehmen.
Als wir Ullapool, ein kleines Hafenstädtchen mit weisser Häuserzeile erreichen, beginnt sich das Wetter allmählich zu bessern. Schnell finden wir bei einem Supermarkt einen Parkplatz, der es uns erlaubt, unseren Landi über einen längeren Zeitraum abzustellen. Gleichzeitig haben wir im Markt die Möglichkeit, unsere Essensreserven wieder aufzufüllen. Wir kaufen im Supermarkt ein und laufen anschliessend der Hafenpromenade entlang, welche von strahlen weissen Häuschen flankiert wird. Im Hafenbecken entdecken wir dabei einige recht grosse Kronenquallen. Die hochgiftigen Glibbertiere werden immer Häufiger in nördlichen Buchten gesichtet. Viele Fischerboote dümpeln im Hafenbecken. Netze werden repariert und die Boote werden für die kommende Nacht bereitgestellt. Ullapool ist mit etwas über 1500 Einwohnern die grösste Siedlung in den Nordwestlichen Highlands. Wie vor zweihundert Jahren, als die Stadt zum Zentrum des Hering-Fangs ausgerufen wurde, ist der Hafen auch heute noch der Zentrale Ort. Sei es als Treffpunkt, Arbeitsplatz oder als Ankunfts- oder Abfahrtsort. Die Fähren bringen Besucher auch Stornoway oder Lewis in das Städtchen. Im örtlichen Restaurant-Pup "The Seaforth" essen wir Fish and Chips. Köstlich! Das Interieur verschenkt typische Schottland-Pup Atmosphäre.
Gestärkt setzen wir unsere Fahrt nach ein paar Stunden fort durch weite, unberührte Landschaften und staunen schon bald ab einem alten Gemäuer, welches sich auf einer Landzunge im Loch Assynt erhebt. Das Ardvreck Castle wurde im 15. Jahrhundert von einem MacLeods errichtet. Wind, Wetter und vermutlich auch eifersüchtige Nachbarn haben das Schloss zu dem verkommen lassen, was heute noch in den Himmel ragt.
Nachdem wir ein putziges Schäffchen, welches mitten auf der Strasse ein Nickerchen macht, grosszügig umfahren haben, parken wir auf dem kleinen Besucherparkplatz.
Das Castle steht auf einer kleinen Halbinsel im Loch Assynt. Als wir uns über einen schmalen Hirtenpfad der Schlossruine nähern, peitsch uns starker Wind entgegen.
Da nur noch ein kleiner Teil vom ehemaligen Bauwerk steht, fällt es schwer, sich die früheren Ausmasse des Schlosses vorzustellen. Aufgestellte Tafeln mit Zeichnungen und Aufrissen helfen Ein wenig weiter. Bedingt durch das umgebende Spiel von Sonne, Wolken und rauschender Brandung werden wir aber in eine urtümliche, traumähnliche Stimmung eingelullt. Wir spazieren gemütlich um das Gemäuer herum und betrachten es aus verschiedenen Blickwinkeln.
Das Licht der tiefstehenden Sonne lässt die Landschaft von Sekunde zu Sekunde noch grüner, noch saftiger leuchten und so wird der kurze Beuch zu einem bleibenden Erlebnis.
In Durness beenden wir unsere Tagesetappe auf dem prächtig angelegten Camping Sango Sands. Unseren Landi stellen wir nahe an die tief abbrechende Klippe. Ein Umstand der mich in der kommenden Nacht, wenn der Wind mit aller Kraft gegen die Kanine stösst, etwas unruhig schlafen lässt.
Im Restaurant neben dem Camping geniessen wir ein vorzügliches Nachtessen und beschliessen den Abend zu einer Übertragung der Rugby Weltmeisterschaft im nebenstehenden Pub. Die Schotten sind mit Leib und Seele beim geschehen, welches sich auf dem modernen Flachbildschirm abspielt. Rugby – eine Sportart welche die Nation verbindet.

24.09.2015 - Thurso (SCO)

Die Nacht haben wir steil über der Meeresbucht von Durness verbracht. Am Morgen gehen wir hinunter zum wunderschönen Sandstrand, wo dunkle, mit Muscheln behangene, Felsen in den Himmel ragen. Wäre es wärmer als die momentan knapp 9°C, würden wir diesen Stranabschnitt wohl längere Zeit geniessen.
Wir verlassen den Camping und fahren schon bald auf sehr schmaler "SingleTrack" in die einsamste Gegend Grossbritanniens. Diese nördlichen Highlands sind kaum bewohnt und ab jetzt sehen wir nur noch sehr vereinzelt Fahrzeuge auf uns zukommen. Wie im ganzen Land verhalten sich die Schotten auch im Strassenverkehr sehr umsichtig und freundlich. Immer halten die Fahrer in einer der Parkbuchten um uns Vortritt zu gewähren. Sogar LKW`s die vor uns fahren halten links an, um uns vorbei zu lassen. Und halten wir einmal an, damit uns ein Einheimischer passieren kann, gibt dieser umgehend Lichtzeichen, dass wir zuerst fahren sollen.
Auf dem langen und einsamen "Single Track" den wir nun fahren, haben wir aber nur noch ein stündliches Kreuzungsmanöver und so kommen wir rasch an das schöne Loch Naver, wo sich die Strasse in vielen Kehren dem Gewässer entlang windet.
Bei Thurso, der nördlichsten Stadt Britanniens, finden wir einen Camping. Wir laufen noch in das recht hübsche Städtchen und beobachten, wie sich zwei Surfer in die unruhige Bucht wagen, um auf den Wellen zu reiten. Ein prächtiger Regenbogen spannt sich am Abend über das Dörfchen.

n wieder begleitet von einem prächtigen Regenbogen in das gut 50km nördlich gelegene Küstenstädtchen Helmsdale, wo wir im Hafen einen passenden Stellplatz für die Nacht finden.

 

25.09.2015 - Helmsdale (SCO)

Abwassertank eingeräumt, Lüftungsdeckel aufgeschraubt, Wetterfühler "Sven" von unserer Wetterstation verstaut, alle Schranktüren sicher geschlossen - und schon könnte unsere Reise fortgesetzt werden. Wäre da nicht noch der Schriftzug einer berühmten Einkaufskette, welcher uns aus der Ferne anlacht. Also, machen wir uns noch zu Fuss auf, um frisches Brot und sonstige, überfällige Artikel einzukaufen, die wir anschliessend in unserer zweckmässig eingerichteten Kabine verstauen.
Feiner Nieselregen hat uns mit angenehmen Trommeln durch die Nacht begleitet. Als wir nun gegen Mittag weiterfahren, hat sich die Wolkendecke etwas gelöst und die flach unter Wolkenfetzen durchscheinende Sonne zaubert einen Regenbogen in den Himmel. Die Landschaft hat sich im Nord-Osten Schottlands schlagartig verändert. Mit hohem, gelbem Gras bewachsene Dünen prägen das Ufer zu unserer linken Seite. Die Strasse ist wieder gut befahren und der 5. Gang kommt vermehrt zum Einsatz.
Dunnet Heat, eine ins Meer ragende Landnase, bezeichnet den nördlichsten Punkt von Britanniens Festland. Eine schmales Teerband führt uns zu diesem somit auch nördlichsten Punkt Schottlands, der durch einen strahlen weiss glänzenden Leuchtturm markiert wird.
Vor den steil in das Meer stürzenden Felshängen vollbringen Seevögel akrobatische Flugmanöver. Manchmal kann man hier auch Papageientaucher beobachten. Wir bleiben eine Weile, sehen Basstölpel, Kormorane und Möwen. Die Taucher mit ihren farbenprächtigen Schnäbeln bleiben uns aber verwehrt. Bei einem Panorama-Aussichtspunkt geniessen wir aber die schier grenzenlose Weitsicht zu allen Seiten.
Bei Duncansby Head, wieder markiert durch einen Leuchtturm, laufen wir zu den Stacks of Duncansby, drei imposant aus der aufgewühlten See ragende Felsformationen. Das Laufen auf dem sumpfigen Weideland hat auch hier seine Tücken, muss man sich doch im Zickzack durch die Schaffskot-Haufen bewegen. Ich nehme mir fest vor, nach unserer Heimkehr den Film Braveheart anzuschauen, und dabei auf das Laufmuster der auf sich zu rennenden Legionen zu achten...
Wir fahren nun Nordwärts, so dass wir die Ostküste zu unserer linken haben und erreichen Wick, wo wir einen Abstecher zu den Girnigoe and Sinclair Castles machen. Die Ruinen der Schlösser aus dem 15. und 17.Jahrhundert stehen eindrücklich an der Felsküste. Gut zu erkennen ist, wie die Schlösser mit Schiefergestein gebaut wurden, demselben Gestein, aus welchem die umliegenden Felsen geformt sind.
Zügig fahren wir nun, immer wieder begleitet von fantastischen Lichtveränderungen, mal goldig, mal neblig und dann wieder begleitet von einem prächtigen Regenbogen in das gut 50km nördlich gelegene Küstenstädtchen Helmsdale, wo wir im Hafen einen passenden Stellplatz für die Nacht finden.

 

26.09.2015 - Fortrose (SCO)

Es ist noch früher Morgen, als wir durch das schmucke Fischerdorf Helmsdale spazieren. In einem kleinen Restaurant kehren wir ein und nehmen unser Frühstück. Danach besuchen wir das Geschichtsmuseum Timespan. Mi vielen Abbildungen, Gegenständen, Nachbildungen und einer interaktiven Filmvorführung wird in diesem kleinen Museum die Geschichte von Helmsdale und der näheren Umgebung aufgezeigt. Eine schöne Grafik zeigt auch auf, wie sich proportional der Bestand der Schafe zu den Menschen vermehrt hat.
Wir treten ein in den vollgestopften Kramerladen A.R. McLeod and Sons, wo man auf kleinstem Raum von der Glühbirne, über die Bratpfanne bis zur Teetasse mit LandRover Aufdruck so ziemlich alles bekommt.
Wir fahren weiter auf der Küstenroute A9 und sehen schon bald auf der rechten Seite das imposante Dunrobin Castle. Das Schloss war Sitz der Herzogin von Sutherland, welche zu Lebzeiten die Bevölkerung von den Highlands vertrieb, um dort die Schafe weiden zu lassen, welche erheblich mehr Gewinn versprachen.
Darauf, dass dieses Schloss auf dem Elend vertriebener Hochlandbewohner errichtet wurde, wird vor Ort auch heute noch mit keiner Silbe hingewiesen. Wichtiger scheinen Hinweistafeln zu sein, welche jegliche Foto- und Filmaufnahmen im Innern des Schlosses verbieten. Um sich die Pracht- und den Reichtum darin vorzustellen reicht die Aussage von Queen Victoria beim Besuch des Schlosses: "Ich komme aus meiner Hütte in Ihren Palast".
Nachdem wir auch den Schlossgarten noch ausgiebig besichtigt haben biegen wir wieder ein auf die A9 ein. Bei der Fahrt fällt uns auf, dass sich die Ostküste gänzlich von der Westküste unterscheidet. Das wilde, romantische ist von Menschen kultivierter Landschaft gewichen. Einzig das Meer auf der linken Seite erinnert uns daran, nicht durch mitteleuropäische Landschaft zu fahren.
In Dornoch legen wir einen Halt ein, um das gemäss Reiseführer "puppige" Städtchen zu sehen. Die Fassaden sind dann auch sehr hübsch und der Burger im preisgekrönten Restaurant-Pup schmeckt vorzüglich.
Über einen hoch aufragenden Brücken-Damm passieren wir den Dornoch Flirth und landen schliesslich auf der "Black Isle", die eigentlich keine Insel ist. In der Salzwasserlagune stehen mehrere gigantische Ölbohr-Plattformen, welche man hier etwas aus der Nähe betrachten kann. Der anvisierte Stellplatz bei Cromarty ist mittlerweile keiner mehr, der erste Camping ist ausgebucht und so finden wir auf dem von Jim & Dorothy Keith geführten Fortrose Caravan Park einen Platz für die Nacht.
Etwa 2 km vom Camping entfernt kann man gelegentlich Delphine beobachten. Wir laufen das Stück zu besagter Stelle wo sich einige Personen versammelt haben, um dem Naturschauspiel beizuwohnen. Kein Delphin will sich aber blicken lassen. Stattdessen erfreuen wir uns an den ab- und zu auftauchenden Robben-Köpfen. So laufen wir etwas enttäusch zurück zu unserem Landy, welcher direkt an der steinigen Küste des Moray Firth steht.

27.09.2015 - North Berewick (SCO)

Die Sonne strahlt vom blauen Himmel, als wir am Morgen nochmals zu der Stelle gehen, wo sich immer wieder Delphine blicken lassen. Dieses Mal haben wir Glück. Schon von weitem sehen wir mehrere Rückenflossen, welche ganz nahe am Ufer auf- und wieder abtauchen. Bis wir jedoch am Sandstand sind, haben sich die Delfine wieder etwas entfernt.
In der Bucht sehen wir jedoch immer wieder Delphine auf- und abtauchen. Wir bleiben eine Weile und schauen den Delphinen und Robben zu.
Heute wollen wir noch ein gutes Stück in den Süden fahren, müssen wir doch bis Donnerstag, wo unsere Fähre ab Dover geht, noch den grössten Teil von Grossbritannien durchqueren.
So fahren wir, meistens über Schnellstrassen, über die imposante Brücke bei Inverness und dann in Richtung Edinburgh, wo wir die ohne zu übertreiben gigantische, 1964 erbaute Forth Road Bridge, passieren. Parallel dazu sehen wir auf der linken Seite das atemberaubende, rote Wunderwerk, die Forth Rail Bridge, welche 1890 mit 7 Millionen Schrauben erstellt wurde. Beim Blick nach unten, und das kann man vom Fahrzeug aus tatsächlich machen, sieht man das Wasser in derart grosser Entfernung, dass einem schwindlig werden könnte. Und schaue ich nach rechts, sehe ich bereits die Pfeiler für die neue Brücke, die Queensferry Crossing, die noch gigantischere Ausmasse haben wird.
Kurz darauf fahren wir um Edinburgh herum auf die östliche Landzunge, wo wir in North Berewick auf einem Stellplatz direkt am Meer übernachten möchten. Doch leider steht hier seit neuestem ein "No Overnight Parking" Schild. Also wenden wir (ja, wir stehen in einer Sackgasse) vor den Augen zahlreicher Schaulustiger mit Ach- und Krach unseren Landy auf der Fläche einer Briefmarke (...so kommt es uns zumindest vor) und steuern den nahegelegenen Camping an,
der prächtig mit Meersicht über New Berewick thront und wir versüssen uns den Abend mit dem aus der Schweiz mitgebrachten Raclette.

28.09.2015 - Knutsford (ENG)

Schönstes Wetter und für Schottland angenehme Temperaturen würden wir an diesem schönen Plätzchen noch gerne etwas länger geniessen. Da wir aber noch Stonehenges im Norden Englands sehen möchten, und unser Navi dazu mal beiläufig die Zahl 685 km ausspuckt, fahren wir schon recht früh los. Die Strecke führt uns noch einmal in Richtung Edinburgh und danach auf "The South" in Richtung englischer Grenze. Schon bald stehen wir wegen einem Unfall im Stau und so kommen wir zu Beginn nur schleppend voran.
Wir fahren in Richtung Manchester/Liverpool und nach ungefähr 400 km auf den Woodlands Park in Allostock/Knutsford. Hier werden wir von den freundlichen Besitzern auf eine kleine, sonnige Wiese zugewiesen. Für die Nacht bezahlen wir nur 13 Pfund.

 

29.09.2015 - East Wittering (ENG)

Den letzten Camping haben wir nur unweit unserer Route in den Süden gefunden, so dass wir am Morgen rasch wieder auf der Autobahn sind und die Fahrt fortsetzen können.
Schon bald finden wir uns in einer nie enden wollenden, aber flüssig vorwärts kommenden, Kolonne von Lastwagen, Lieferwagen und PW`s welche die grossen Städte der Ostküste ansteuern.
Wir fahren durch das nie enden wollende Birmingham und nähern uns rasant Amesbury, wo wir auf dem grossen Parkplatz für die Besichtigung eines der grössten Rätsel der Menschheitsgeschichte halt machen.
Wir betreten das Besucherzentrum, und stellen fest, dass die Erbauer von Stonehenge zwar längst das Zeitliche gesegnet haben, die Kassierer aber immer noch unter uns weilen.
Wir entrichten den stolzen Eintrittspreis und lassen uns von einem der Shuttle-Busse zur Megalith-Struktur chauffieren.
Bei blauem Himmel und strahlender Sonne umrunden wir die vor etwa 5`000 Jahren erbaute Anlage.
Wir bestaunen die Struktur und fragen uns natürlich, wie Menschen vor so langer Zeit so etwas bauen konnten und was der Grund dafür war. Die Steinansammlung ist nur ein Teil einer Anlage, welche noch andere, nicht ganz so eindrückliche Funde, enthält.
Im Besucherzentrum steht auch noch ein Museum, welches Funde, Gegenstände in Form von Knoche, Werkzeug etc. aus der Zeit der Errichtung von Stonehenge ausstellt.
Nach der Besichtigung durchfahren wir das lebhafte Salisbury und wir finden an der Südküste den Scotts Farm Camping Site. Wir gehen noch an den Strand, wo gerade die Sonne ein tiefrotes Abendrot zaubert und finden in East Wittering ein tolles Restaurant.

müssen.

30.09.2015 - Brighton (ENG)

Blauer Himmel und angenehme Temperaturen bereits am Morgen früh. Wir fahren weiter nach Brighton. Die 270`000 Einwohner zählende Stadt am Ärmelkanal wollen wir heute noch Besuchen und uns so in eine günstige Position bringen, um morgen rechtzeitig unsere Fähre nach Calais zu erwischen.
Eigentlich möchten wir auf einem der uns bekannten Stellplätze einparken, aber diese sind mittlerweile alle mit Übernachtungsverbot beschriftet, also fahren wir auf den teuren Club Camping am Stadtrand.
Zu Fuss machen wir uns auf zum 1899 erbauten Brighton Pier, hinter welchem sich auch das Zentrum der Strandpromenade befindet. Nach 50 Minuten erreichen wir den imposante, 524m (!) in das Meer ragenden Bau. Wir laufen an die Spitze des Piers und stellen fest, dass der Pier mittlerweile ein einziges, grosses Spielcasino ist. Ganz an der Spitze endet das Bauwerk in einem Jahrmarkt mit Achterbahn.
Auf dem Rückweg geniessen wir etwa in der Mitte des Piers die warme Sonne in einem der ausgestellten Liegestühle. Dabei sehen wir auf die Überreste des 2003 abgebrannten West Piers.
Zurück an Land laufen wir entlang der nicht enden wollenden Strandpromenade mit den vielen Ateliers und Restaurants.
Uns gefällt das muntere Treiben, die zahlreichen Kaffes und Restaurants sind einladend, die weisse Häuserfront der alten, meistens im 18.Jahrhundert erbauten Stadtfront werden vom strahlen blauen Himmel umrahmt und die Meersicht ist einfach nur toll. Wir geniessen das Ambiente noch eine ganze Weile und laufen dann bei Sonnenuntergang, vorbei am Grand Hotel, auf welches die IRA 1984 einen verheerenden Bombenanschlag verübte, wieder retour zum Camping.

01.10.2015 - Epinois (BEL)

Nach zwei stündiger Fahrt auf Autobahnen und Schnellstrassen, vorbei an unzähligen Kadavern von angefahrenen Fasanen, erreichen wir Dover. Die Zollabfertigung und Port-Zuweisung ist schnell erledigt.
Auf einer der kleinsten Fähren der Strecke Dover-Calais, der "Pride of Burgundy", fahren wir bei schönstem Wetter über zum französischen Festland, rollen ab der Fähre und Fahren zügig auf die Autobahn, vorbei an den zahllosen Zelten von Afrikanischen Flüchtlingen, welche ihrerseits mit ganz anderen Zielen und Hoffnungen auf die britische Insel wollen.
Wir fahren noch eine ganze Weile bis wir Belgien erreichen, wo wir in der Nähe der Autobahn den Camping "de la Sabliere" finden.

02.10.2015 - Kaysersberg (FRA)

Wieder haben wir strahlend blauen Himmel, als wir den Camping in Epinois verlassen. Zügig fahren wir über Schnellstrassen und Autobahnen durch Luxemburg, vorbei an Metz und weiter in Richtung Elsass. In Kaysersberg machen wir einen letzten Halt auf dem grossen Stellplatz. Wir besuchen das ansehnliche Städtchen und essen in einem Restaurant ein vorzügliches Nachtessen. Am Nächsten Tag fahren wir, voller Eindrücke und Erinnerungen, zurück nach Hause.
Mit Schottland haben wir ein durch Wind und Wetter geformtes Land kennengelernt. Die nördliche Westküste und die Nordküste mit vielen einsamen Strassen und fantastischen Lichtverhältnissen, mit der zauberhaften Insel Sky und mit völlig einsamen Gegenden, hat uns besonders gefallen. Die britische Freundlichkeit und der schottische Humor waren allgegenwärtige Begleiter. Das Reisen war so immer aufregend, spanend und abwechslungsreich. Und unser alter LandRover hat die fast 6`000 km lange Reise so zuverlässig geschnurrt dass es eine Freude war.
Mit einem Rucksack voller Erinnerungen erreichen wir am Samstag unser zu Hause.